Es wird mal wieder Zeit für einen Textschnipsel, denn in wenigen Tagen wird mein neuer Weihnachtsroman Körbchen unterm Mistelzweig bereits erscheinen. Ja, ihr habt richtig gelesen. Wie vergangenes Jahr wird das Buch bereits am 25. August an den Buchhandel ausgeliefert. Ich finde, das ist wahnsinnig früh, aber hey, ab September gibt es ja auch schon überall Lebkuchen, Dominosteine und Spekulatius zu kaufen. Warum also nicht auch schon Weihnachtsbücher?

Diesmal habe ich euch eine süße Flirt-Szene herausgesucht. Süß vor allem deswegen, weil es leckere Torte und Spekulatius-Tiramisu zu essen gibt. Aber auch, weil die Protagonistin Viola eigentlich viel zu schüchtern zum Flirten ist. Dafür schlägt sie sich aber gar nicht mal schlecht … Lest selbst!

 

Aus dem 8. Kapitel

 

»Ich habe noch nie erlebt, dass eine ganze Familie in einen Backwahn verfällt. Wenn ich nur an dieses Lebkuchendorf denke, dass wir vergangenes Jahr zusammengezimmert haben. Und wie viele Plätzchendosen waren am Ende randvoll?«
»Um die zwanzig oder auch ein paar mehr.« Verzückt schloss Viola die Augen, nachdem sie sich die erste Kostprobe ihres Tiramisus zwischen die Lippen geschoben hatte. »Das ist unsere normale Ausbeute.«
»Ja, plus die Tupperdosen voller Kekse für den Sportverein.« Lachend schüttelte Lukas den Kopf. »Das ist der helle Wahnsinn.«
»Aber es macht Spaß und spätestens zum Dreikönigstag ist kein Krümel mehr übrig. Wir sind einfach alle total verfressen, wenn es um Süßes geht.«
In Lukas‘ Augen trat ein schalkhaftes Blitzen. »Das sieht man euch aber nicht an.« Er hielt kurz inne. »Dir schon mal gar nicht.«
»Wir sind eben alle ziemlich sportlich. Zum Glück, sonst wären wir eine Familie von aufgegangenen Hefekuchen.«
Lukas fing ihren Blick auf. »Schade, denn wenn du einer wärst, könnte ich mal in dich reinbeißen und herausfinden, ob du so süß schmeckst, wie du aussiehst.«
Viola erschrak und hätte sich beinahe an ihrem Tiramisu verschluckt – zusammen mit ihrer Zunge. Rasch wandte sie ihren Blick dem Fenster zu, neben dem sie saßen. Leider verhinderte das nicht, dass sie schon wieder errötete. Sie hasste das! Mit einigermaßen ruhiger Stimme fragte sie: »Gehört das jetzt schon zur ersten Trainingseinheit?«
Lukas stutzte, dann lachte er. »Wenn es zum Üben taugt, warum nicht?«
»Ich bin nicht süß.«
»Falsche Antwort.« Er grinste, als sie ihn erstaunt ansah. »Du müsstest dich jetzt eigentlich für das Kompliment bei mir bedanken.«
Stirnrunzelnd musterte sie ihn. »Von welchem Planeten kommst du denn? Macho-101?«
»Nur weil ich dir gesagt habe, dass du süß bist?«
»Nein, weil ich dir dafür ganz sicher nicht danke. Das haben die Frauen vielleicht vor hundert Jahren mal gemacht. Außerdem bin ich, wie gesagt, nicht süß. Das ist ja albern.«
»Also ich fand dich schon immer süß, das ist eine Tatsache. Und ich halte mich für recht objektiv. Oder hat dir noch niemand jemals gesagt, dass du hübsch bist?«
Sie kräuselte die Lippen. »Hübsch, ja, aber süß? Miss Daisy ist süß. Ein kleines Mädchen mit lustigen Zöpfen ist süß. Ich bin kein Hund und erwachsen und deshalb …«
»… kannst du nicht süß sein?« Nun runzelte Lukas die Stirn, grinste dabei aber. »Okay, wenn man mit dir flirten will, muss man sich auf die Kampfschiene begeben.«
»Auf die was?« Irritiert starrte sie ihn an.
»Konfrontationskurs.« Er grinste noch breiter. »Wenn man das macht, vergisst du offenbar ganz schnell, dass du angeblich schüchtern bist. Also werde ich mir jetzt mal überlegen, womit ich dich noch provozieren kann.«
»Das ist doch kein Flirten!« Verständnislos zog sie die Augenbrauen zusammen. »Du machst dich über mich lustig.«
»Keineswegs. Ich habe dich nur dazu gebracht, aus deinem Schneckenhaus herauszukriechen und mir kontra zu geben. Hat gar nicht wehgetan, oder?«
Verflixt, er war gut!
»Unter Flirten habe ich bisher immer etwas anderes verstanden.«
Lukas zwinkerte ihr zu. »Man muss sich den Gegebenheiten anpassen. Möchtest du mal probieren?« Er stach ein Stückchen von seiner Torte auf seine Gabel und hielt sie ihr vor die Lippen. »Wer auch immer hier in der Küche steht, versteht sein oder ihr Handwerk.«
Violas Augen weiteten sich – vor Verblüffung und ein wenig auch vor Schreck. Doch jetzt hatte sie sich – irgendwie – auf dieses seltsame Spiel eingelassen und wollte sich keine Blöße geben. Obwohl ihr das Herz bis hinauf in die Kehle pochte, öffnete sie den Mund und pflückte das Tortenstück von der Gabel. Sie schmeckte … rein gar nichts. Oder doch? Sahnig und süß. Doch sie hatte den Fehler gemacht, ihm noch einmal in die Augen zu blicken, was dazu führte, dass die Verbindung ihrer Geschmacksnerven zu ihrem Gehirn abriss – und ihr Verstand für einen Moment aussetzte.
»Gut, nicht wahr?« Er schien von ihrer Verwirrung nichts zu bemerken.
Rasch nickte sie. »Ja, sehr gut.«
Er deutete auf ihre Dessertschale. »Darf ich auch mal?« Anstatt abzuwarten, dass sie ihn womöglich ebenfalls mit einem Bissen fütterte, nahm er sich einfach ein wenig von dem Tiramisu und kostete. »Du hast recht, das schmeckt unglaublich gut. Wie kommt es, dass dieses Café nicht von Besuchern überrannt ist? Es müsste doch eigentlich die Hölle los sein bei solchen kulinarischen Köstlichkeiten.«
Erleichtert folgte Viola ihm mit dieser Änderung des Gesprächsthemas wieder auf sicheres Terrain. »Das Café Lotte gibt es schon ewig. Lotte Bremer selbst, die Inhaberin, ist hoch betagt, aber sie steht noch immer selbst in der Küche und bildet auch Konditorinnen aus. Früher ging es hier lebhafter zu, aber seit Lotte nicht mehr so fit ist – sie ist jetzt über achtzig –, macht sie nicht mehr so viel Werbung und ich glaube, sie ist ganz froh, dass hier nicht mehr so viel Betrieb ist. Ich weiß nicht, ob sie überhaupt Verwandte hat und ob jemand den Laden weiterführen wird, wenn sie mal nicht mehr da ist.«
»Das sollte man hoffen, aber nur, wenn die potenziellen Nachfolger alle Rezepte übernehmen.« Schmunzelnd wehrte Lukas die neugierige Miss Daisy ab, deren Nase sich über seinen Oberschenkel in Richtung Tischplatte bewegt hatte. »Nein, Kleine, für dich ist das nichts. Du bist schon ohne Zucker süß genug.«
Danke sehr, aber bist du dir sicher? Es riecht da oben so lecker. Da kann ich kaum widerstehen. Mit einem enttäuschten Schnauben legte die kleine Hündin sich wieder unter den Tisch.
Viola hüstelte. »Mich hast du eben auch schon als süß bezeichnet. Darf ich dann etwa auch nichts mehr essen?«
Er lachte. »Ein kluger Mann antwortet darauf besser nichts.«
Überrascht hob sie den Kopf. »Warum nicht?«
In seinen Augen blitzte es erheitert. »Weil ich mich nur in die Nesseln setzen kann.«
»Okay.« Leicht verunsichert blickte sie auf ihr Tiramisu und spürte im nächsten Moment seine Hand, die sich auf die ihre legte. Ein alarmierendes, wenngleich nicht unangenehmes Kribbeln wanderte ihren Arm hinauf.
»Ich lehne mich mal mutig aus dem Fenster: Wenn es nach mir geht, kannst du gar nicht süß genug sein.«
Sie schluckte. »Ach?«
»Sage ich als Flirttrainer und als Mann, der seine Komplimente nicht zurückzieht, nur weil seine Angebetete sich gerade mit einem kleinen Hund vergleicht.«
Beinahe wäre ihr der Löffel aus der Hand gefallen. »Angebetete?« Ihre Stimme schwankte ein wenig.
Aus seiner heiteren Miene wurde ein Lächeln, das ihr durch Mark und Bein ging. »An dir ist so einiges anbetungswürdig. Zum Beispiel diese kleine Haarsträhne, die dir ständig in die Stirn fällt.« Er hob seine Hand von ihrer und zupfte mit Daumen und Zeigefinger sanft an besagter hellbrauner Haarsträhne. »Eigentlich wollte ich das erst mal für mich behalten, aber sei’s drum. Geheimnistuerei liegt mir nicht besonders. Du gefällst mir. Nicht nur rein optisch. Ob das für unser Training hilfreich ist oder nicht, muss sich wohl erst noch herausstellen.«
»Ich … glaube … nicht.« Violas Herz überschlug sich fast und pochte heftig bis in ihre Kehle hinauf.
»Warum nicht?«
Nervös stocherte sie in ihrer Dessertschale herum. »Jetzt weiß ich erst recht nicht mehr, was ich sagen soll.« Zumindest hatte sie es geschafft, einen ganzen Satz herauszubringen!
»Brauchst du ja auch gar nicht.« Lukas zwinkerte ihr zu. »Dass du so niedlich errötest, ist vollkommen genug.«
»Niedlich?« Nun regte sich neuer Widerstand in ihr. Wenn es eins gab, was sie von ihrer Mutter, Tante Elke und auch Ricarda von klein auf gelernt hatte, dann,  sich gegen Süßholzgeraspel zu wehren. »Wenn du dieses Wort noch einmal in der Nähe meines Namens aussprichst, muss ich dir wehtun.«
Diesmal war es an Lukas, verblüfft den Kopf zu heben. Doch er grinste sogleich wieder erfreut. »Ich hatte also doch recht. Die Kampfschiene zieht. Kaum reizt man dich ein bisschen, kommst du mit Volldampf aus deinem Schneckenhaus heraus.«
»Ja, und zwar bewaffnet.« Viola deutete eine Judobewegung an und schwang dabei ihren Löffel.
Lukas lachte auf. »Uh, jetzt habe ich Angst!«
»Darfst du ruhig haben.« Sie grinste halb heiter, halb bissig. »Denn wie der Sheriff von Nottingham schon auf die Frage antwortete, warum er Robin Hoods Herz mit einem Löffel herausstechen wolle: Es tut mehr weh!«
Lukas, der gerade seine Tasse an die Lippen gehoben hatte, prustete in den Kakao. »Du willst also nicht süß und auch nicht niedlich sein. Was denn dann?«
Viola hob die Schultern. »Keine Ahnung. Irgendwas … Erwachseneres, was mich nicht an kleine Hunde, Katzen oder Babys erinnert. Wenn du nämlich nur mit solchem Quatsch versuchst, mir angeblich das Flirten beibringen zu wollen, muss ich dir leider völlige Unfähigkeit attestieren.« Erstaunt über sich selbst, holte sie tief Luft. Allmählich begann ihr die Sache Spaß zu machen. Möglicherweise beflügelte sie dabei auch die Tatsache, dass Lukas davon gesprochen hatte, dass sie ihm gefiel. Seitdem kribbelte es in ihrer Magengrube wie von tausend Ameisen.
»Etwas Erwachseneres?« Mit einem breiten Grinsen stellte Lukas seine Tasse zurück auf die Untertasse und griff erneut nach seiner Kuchengabel. »Okay. Wie wäre es mit …« In seine Augen trat ein gefährliches Leuchten. »Heiß?«
Fast hätte Viola sich verschluckt. Hektisch schluckte sie gegen ihren Herzschlag an. »Übertreibst du jetzt nicht ein bisschen?«
Sein Blick wurde noch intensiver. »Du bist die erste Frau, die mir begegnet, die nicht gerne als heiß bezeichnet wird.«
Verlegen knabberte sie an ihrer Unterlippe. »Das habe ich so nicht gesagt.« Zumindest fühlte sich inzwischen alles in ihr glühend heiß an.
»Sondern?« Erwartungsvoll musterte er sie.
»Dass du vielleicht ein bisschen dick aufträgst. Ich dachte, das wäre nur eine einfache Übung. Für Anfänger sozusagen.«
Sein Blick wurde wieder ein wenig weicher, ungefährlicher. »Nachdem ich nun weiß, wie ich dich reizen kann, würde ich glatt behaupten, dass wir von den Anfängern gleich zu den Fortgeschrittenen überwechseln können.« Er deutete noch einmal auf ihr Tiramisu, von dem nur noch ein Viertel übrig war. »Darf ich noch mal kosten?«
»Klar …« Sie erschrak, als sie bemerkte, dass sein Blick vielsagend auf ihren Löffel gerichtet war. »Wenn es sein muss.« Sie häufte ein wenig auf ihren Löffel.
»Es muss, unbedingt.« Lächelnd folgte er mit seinen Blicken ihrer Hand, als sie den Löffel an seine Lippen hob. Sie zitterte fast unmerklich, war sich aber sicher, dass er es sehen konnte. Als er die Lippen um die Kostprobe schloss, verspürte sie tief in ihrer Magengrube neben dem Kribbeln auch noch ein beängstigendes Ziehen. Sie war zwar nicht vollkommen unerfahren, aber so etwas war ihr bisher noch nie passiert.

 

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Körbchen unterm Mistelzweig

Petra Schier
HarperCollins, Taschenbuch
12,5 x 18,7 cm, ca. 432 Seiten
ISBN 978-3-959675-35-2
10,00 € / eBook  8,99 €

Erscheint am 25. August 2020

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