Gerade vorgestern habe ich die 100-Seiten-Marke an meinem vierten Lichterhaven-Roman geknackt. Das klingt toll? Ist es theoretisch auch, wenn man davon absieht, dass ich eigentlich schon bei Seite 200 sein müsste …

Aber das soll nicht euer Problem sein. Ihr bekommt jetzt zur Feier des “Etappensieges” den ersten längeren Textausschnitt, natürlich noch frei von jeglichem Lektorat. Tippfehler oder stilistische Unebenheiten dürft ihr behalten, falls ihr welche findet. ;-)

Ich habe euch einen Ausschnitt herausgesucht, an dem ihr, wie ich hoffe, schon erkennen werdet, wie die Dynamik zwischen den beiden Hauptfiguren Thorsten und Martina sein wird. Viel Vergnügen!

 

Aus dem 3. Kapitel

»Sie sehen aus, als könnten Sie jetzt wirklich eine Pause brauchen.«
Beim Klang von Thorstens Stimme hob Martina ruckartig den Kopf und den Blick von ihrem Computerbildschirm, den sie seit mehr als zehn Minuten angestarrt hatte, ohne auch nur ein Detail darauf zu erkennen. Ihr Herz machte einen unangemessenen Satz – vor Schreck natürlich – als sie ihn im Türrahmen stehen sah. Automatisch suchte sie Zuflucht in Verärgerung. »Du meine Güte, haben Sie mich erschreckt.« Sie richtete sich ein wenig auf, straffte ihre Schultern. »Was tun Sie denn hier?«
»Ich hole Sie ab, wie ausgemacht.« Er lächelte sie friedfertig an, wodurch sich neben seinem linken Mundwinkel ein winziges Grübchen bildete. Anbetungswürdig.
Nein. Rigoros schob sie jegliche aufwallende Anziehung beiseite. »Wir hatten nichts ausgemacht.«
»Doch, hatten wir.«
»Ich habe Ihrem Vorschlag nicht zugestimmt.«
»Ihn aber auch nicht abgelehnt.« Sein Lächeln vertiefte sich. »Kommen Sie, ein bisschen frische Luft und gutes Essen wird Ihnen guttun. Sie sind ganz blass. Schlafen Sie nicht genug?«
»Ich glaube nicht, dass Sie das etwas angeht, Herr Brunner.«
Er trat dicht an den Schreibtisch heran. »Wir waren schon einmal bei unseren Vornamen angelangt, Martina. Machen Sie das bitte nicht rückgängig, nur weil ich Sie ein bisschen überrumpelt habe.«
»Ein bisschen ist gut.« Am liebsten hätte sie die Arme vor der Brust verschränkt, aber das kam ihr denn doch zu kindisch vor.
»Ihr Magen knurrt.« Aus dem Lächeln wurde ein Grinsen. »Leugnen Sie es nicht. Ich habe gute Ohren.«
»Ich werde Sie nicht los, bevor Sie Ihren Willen bekommen haben, oder?«
Seine Miene wurde bei ihrem defensiven Ton ernst. »Sie können mich jederzeit vor die Tür setzen, wenn ich Ihnen zu aufdringlich bin. Damit kann ich leben, Martina, denn ich bin schon ein großer Junge.« In seinen Augen funkelte der Schalk. »Natürlich würde ich vermuten, dass Sie einfach Schiss haben.«
»Schiss?« Empört runzelte sie die Stirn. »Wovor? Doch nicht vor Ihnen!«
»Vielleicht nicht vor mir, aber davor, dass Ihnen meine Gesellschaft nicht so unangenehm sein könnte, wie Sie gerade hoffen.«
»Das ist vollkommener Quatsch und noch dazu paradox.«
»Finde ich nicht.« Das Lächeln kehrte auf seine Lippen zurück. »Lassen Sie es auf einen Versuch ankommen. Ich beiße auch nicht.« Er hüstelte. »Zumindest nicht beim ersten Date.«
Das Vögelchen in ihrer Magengrube flatterte wieder. »Das ist kein Date. Nur eine Mittagspause.«
»Besser als nichts.«
Seufzend erhob sie sich. Sie hatte sich selbst ein Bein gestellt. Aber Hunger verspürte sie tatsächlich. »Ich nehme an, Sie haben etwas geplant?«
»Nur einen Tisch im Möwennest reserviert. Draußen an der Straße. Das Wetter ist zu schön, um drinnen zu sitzen.«
»Im Möwennest kann man keine Tische reservieren.« Sie griff nach ihrer Handtasche, die über der Stuhllehne hing.
»Kann man sehr wohl, wenn man die richtigen Argumente vorbringt.« Galant bot er ihr seinen Arm an, doch sie ignorierte ihn und ging entschlossen an ihm vorbei durch die Tür.
»Sie haben Sonja bestochen.«
Er lachte. »Nein, Kai höchstpersönlich. Er war gerade zufällig dort, um in der Küche nach dem Rechten zu sehen. Er hat versprochen, dass er sich höchstpersönlich um unser Essen kümmern wird.«
»Angeber.« Sie konnte sich nun doch ein Lächeln nicht verkneifen. »Ich liebe Kais Matjessalat.«
»Wer nicht?« Thorsten folgte ihr die Treppe hinab zum Hinterausgang des Schwimmbadgebäudes. »Dazu knusprige Bratkartoffeln und ein schöner gemischter Rohkostsalat. Sie werden sehen, das weckt Ihre Lebensgeister in Nullkommanichts wieder auf.
»Mit meinen Lebensgeistern ist alles in Ordnung.«
Als sie auf der Straße standen, musterte er sie eingehend von der Seite. »Ich glaube, da haben Sie unrecht. So wie ich es sehe, sind Ihre Lebensgeister noch blasser als Sie selbst. Vermutlich, weil Sie sie seit Ewigkeiten im Keller einsperren.«
»Ich tue was?« Mehr verblüfft als verärgert hob sie den Kopf.
»Sie vergraben sich in Ihrer Arbeit und Ihrem Engagement für die Stadt. Nicht, dass ich das nicht zu schätzen wüsste. Es ist bewundernswert, was Sie alles schaffen, vor allem mit zwei kleinen Kindern.«
Sie verzog leicht die Lippen. »Ich höre ein Aber.«
»Und es gefällt Ihnen nicht.« Er lachte leise. Ein angenehmer Ton. Viel zu angenehm.
»Ich wüsste nicht, was Sie meine Lebensart angeht.«
Langsam gingen sie nebeneinander her in Richtung Hafen und Lichterhavener Hauptstraße.
Thorsten warf ihr erneut einen Seitenblick zu. »Sie haben die Verteidigung Ihrer Festungsmauern gut im Griff. Lassen Sie auch irgendwann mal locker?«
»Nein. Wozu auch?«
Er legte den Kopf etwas schräg. »Ist das eine Fangfrage?«
Sie runzelte die Stirn. »Nein.«
»Okay, dann probieren Sie es aus und ich zeige Ihnen, wozu es gut ein könnte.«
Das Vögelchen in ihrem Bauch war ein mieser kleiner Verräter. Sein beständiges Flattern ließ sie unvorsichtig werden. »Wie oft muss ich Sie abblitzen lassen, bevor Sie kapieren, dass ich kein Interesse an Ihnen habe, Thorsten?«
»Sie gehen mit mir essen, also gehe ich davon aus, dass zumindest ein Fünkchen Interesse Ihrerseits besteht, mich näher kennenzulernen.«
Sie verdrehte die Augen. »Sie haben mich praktisch genötigt, mitzugehen.«
Er stieß sie ganz leicht mit dem Ellenbogen an. »Sie sind viel zu selbstbewusst, um sich von mir zu irgendetwas nötigen zu lassen, was Sie nicht wollen.«
Selbstbewusst? So kam sie sich im Augenblick ganz und gar nicht vor. Aber sie konnte es vortäuschen – zumindest, solange sie nicht in seine herausfordernd funkelnden Augen blickte.
»Weshalb gehen Sie mit mir essen, wenn nicht aus Interesse?«
»Public Relations.« Sie richtete ihren Blick vorsichtshalber geradeaus.
»Was?«
Sie schluckte an ihrem erneuten Lächeln. »Sie haben mich in den Stadtrat gewählt. Zumindest haben Sie gesagt, ich hätte Ihre Stimme.«
»Hatten Sie und haben Sie.« Neugierig musterte er sie. »Also ist dieses Mittagessen für Sie so eine Art Wählerstimmenfang?«
»Wählerstimmenpflege. Die nächste Wahl findet erst in vier Jahren statt.«
»Na, das ist doch immerhin etwas. Denn wenn Sie wollen, dass ich Sie weiterhin unterstütze und Ihnen meine Stimme gebe, müssen Sie mich verdammt gut kennenlernen. Wie sonst wollen Sie wissen, wie Sie mich zukünftig am besten im Stadtrat vertreten?«
Ein unfreiwilliges Lachen stieg in ihr auf. »Sie drehen sich alles immer so hin, wie es Ihnen am besten in den Kram passt, oder?«
»Wenn es sich einrichten lässt. Aber Sie müssen doch zugeben, dass ich nicht ganz unrecht habe.« Er grinste breit. »Und Sie haben damit angefangen. Mit den Public Relations. Bedenken Sie, wenn Sie eine gute Beziehung zu mir aufbauen, kann ich eine Menge anderer Menschen positiv in Ihrem Sinne beeinflussen. Meinen Bruder.«
»Er würde mich auch ohne Ihre Hilfe wählen.«
»Seine Frau und deren gesamte Familie.«
»Dito. Ich bin schon mein Leben lang mit ihnen befreundet.«
»Unsere Angestellten und Kunden«, zählte er unermüdlich weiter auf. »Die Handwerker, die manchmal bei uns aushelfen. Die Leute vom Gewerbeverein. Alle Restaurant- und Imbissbudenbesitzer, bei denen wir tagtäglich Essen ordern.«
»Schon gut, schon gut!« Lachend winkte sie ab. »Ich hab’s verstanden. Sie geben so leicht nicht auf.«
»Warum sollte ich auch, wenn sich das Ziel, das ich vor Augen habe, so dermaßen lohnt.«
Ihr Herzschlag holperte. »Es mag Ihr Ziel sein, aber nicht meines.«
»Nur weil Sie noch nicht an der richtigen Weggabelung angekommen sind, die Sie auf meinen Pfad führt.«

 

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In dem maritimen Lichterhaven hat Thorsten ein Zuhause gefunden. Gemeinsam mit seinem Halbbruder baut er in der Familienwerft hochwertige Holzboote – und erfüllt sich damit einen lang gehegten Traum. Alles, was ihm jetzt noch zu seinem Glück fehlt ist ein Date mit Martina. Doch seit ihrer ersten Begegnung weiß er: Er wird kämpfen müssen, wenn er diese umwerfende Frau für sich gewinnen will. Aber er scheint einen Verbündeten zu haben. Martinas vierbeiniger Begleiter, der ungarische Hirtenhund Capone, schafft es irgendwie immer wieder, dass die beiden sich wie zufällig treffen …

 

Die Liebe gibt Pfötchen

Die Liebe gibt Pfötchen

Petra Schier

HarperCollins
Taschenbuch, ca. 360 Seiten
ISBN 978-3959674 12 6
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Erscheint am 18. Februar 2020

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