Der Counddown bis zum 18. Februar läuft bereits, deshalb möchte ich euch heute wieder einmal einen Textschnipsel aus meinem neuesten Lichterhaven-Roman präsentieren. Wer meinen Newsletter abonniert hat, dürfte ihn bereits kennen. ;-)

Aus dem 5. Kapitel

Wie angewurzelt blieb Martina mitten in ihrem Wohnzimmer stehen. Hatte Thorsten etwa aufgeräumt? Als ihr Blick durch den Raum schweifte und dann auf die saubere Kochinsel fiel, stockte ihr der Atem. Ihr wurde unnatürlich heiß. »Was …?«
Mit wenigen Schritten war sie in der Küche und starrte entgeistert auf die glänzenden Oberflächen und das nicht mehr vorhandene Schmutzgeschirr. Langsam drehte sie sich um. »Was soll das?«
Thorsten war hinter sie getreten. »Ich habe mir erlaubt, Ihnen etwas Arbeit abzunehmen. Das ist nur recht und billig, wenn ich Sie schon so einfach in Ihrer Abendroutine störe.«
»Sie haben aufgeräumt? Und gespült? Das wäre nicht … Ich meine …« Noch niemals hatte ein Mann so etwas für sie getan. Nicht einmal Axel. Das hatte zu ihrer Abmachung gehört. Der Haushalt war ihre Angelegenheit gewesen. Er wäre im Traum nicht darauf gekommen, auch nur einen Finger in der Küche krumm zu machen. »Ich … weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Ein einfaches Danke reicht vollkommen aus.« Thorsten zwinkerte heiter. »Und nicht einmal das erwarte ich. Wirklich, das war keine große Sache.«
Doch, war es. Sie war vollkommen aus dem Gleichgewicht gebracht. »Entschuldigen Sie, dass es hier überhaupt so durcheinander ist. Ich hatte viel zu tun und bin einfach noch nicht dazu gekommen …«
»Hey.« Er legte ihr eine Hand auf den Arm. »Es besteht kein Grund für eine Entschuldigung. Sie haben zwei Kinder und einen Hund. Und einen anstrengenden Job, von den vielen ehrenamtlichen Tätigkeiten und dem Stadtrat ganz zu schweigen. Wenn ich ehrlich sein soll, ist mir schleierhaft, wie Sie das alles ganz allein schaffen, ohne durchzudrehen.«
Sie erschauerte leicht unter seiner Berührung, bemühte sich aber, sich nichts anmerken zu lassen. »Es geht nun mal nicht anders und ich bin an viel Arbeit gewohnt.«
Er räusperte sich leise. »Es ginge schon anders, Martina. Niemand zwingt Sie, sich neben Ihrem Job und der Familie noch so viele zusätzliche Aufgaben aufzuhalsen.«
»Ich halse mir gar nichts auf.« Verärgert entzog sie ihm ihren Arm. »Was ich tue, tue ich gerne.«
»So war das nicht gemein.« Er wurde ernst. »Vergessen Sie einfach, dass ich etwas gesagt habe. Ich finde Ihr Haus übrigens sehr schön und ausgesprochen gemütlich eingerichtet.«
Angestrengt versuchte sie, den aufflackernden Unmut niederzuringen. »Leider alles nur IKEA und Billigmöbelhäuser. Ich konnte mir nach Axels Tod nichts anderes mehr leisten. Das Haus war damals gerade im Rohbau, als er … Ich musste einen Teil der Hypothek auf das Schwimmbad umschulden, weil die Bank mir allein keinen weiteren Kredit geben wollte, und danach blieb nicht mehr viel übrig für besseres Mobiliar.«
»Martina.« Eindringlich blickte er ihr in die Augen. »Ich habe das erst gemeint. Das Haus ist sehr anheimelnd eingerichtet. Ich besitze auch eine Menge Möbel von IKEA. Na und? Das Zeug ist zwar günstig, aber es erfüllt durchaus seinen Zweck und wie man hier sehen kann«, er machte eine ausholende Geste, »kann man viel Schönes daraus zaubern. Eigentlich könnten Sie die Leute von IKEA mal einladen und ein Fotoshooting für den nächsten Katalog machen lassen.«
»Ha ha.« Zweifelnd, ob er das wirklich ernst meinte, sah sie sich erneut um. »Sie hätten nicht zu spülen brauchen. Wie stehe ich denn jetzt da?«
»Wie eine Frau mit ein bisschen weniger Arbeit.«
»Aber so etwas … gehört sich einfach nicht.«
»So ein Quatsch.« Er deutete auf einen der Stühle am Esstisch. »Setzen Sie sich.«
»Warum?« Zögernd folgte sie seiner Aufforderung und bereute es sofort, als er sich dicht hinter sie stellte und begann, ihre Schultern zu massieren. »Das geht doch nicht!«
»Natürlich geht das. Entspannen Sie sich mal ein bisschen. Sie sind ganz verkrampft.«
Was kein Wunder war, denn das Gefühl seiner Hände an ihren Schultern, die Wärme, die durch ihre Bluse bis auf ihre Haut drang, machte sie ganz kribbelig. »Sie sind doch wohl nicht hergekommen, um zu spülen und mich dann auch noch zu massieren.«
»Ich nehme, was ich kriegen kann.« Wieder lachte er sein leises, warmes Lachen. »Sie machen sich zu viele Gedanken. Ich bin von einer alleinerziehenden Mutter aufgezogen worden und weiß, wie hart es ist, Arbeit und Kind unter einen Hut zu bringen. Und Sie haben sogar zwei Kinder und mehr Aufgaben, als ich zählen kann. Meine Mutter war oft gestresst, aber ich glaube, das war fast schon ein Klacks im Vergleich zu dem, was Sie jeden Tag stemmen. Ich habe von klein auf gelernt, dass man zu helfen hat, ohne groß zu fragen, wenn man sieht, dass jemand Hilfe braucht.«
»Ich brauche keine Hilfe.« Beinahe hätte sie wohlig aufgestöhnt, als er mit den Daumen einen besonders verspannten Punkt zwischen ihren Schulterblättern bearbeitete. »Bisher bin ich ausgezeichnet allein zurechtgekommen.«
»Das bezweifle ich keine Sekunde.« Energisch und sanft zugleich strichen seine Finger über ihre Haut und hinterließen Entspannung und Wärme. »Sie sind es nicht gewöhnt, dass jemand Ihnen hilft. Das ist nicht das gleiche, wie keine Hilfe zu brauchen.« Er hielt einen Moment inne. »Verstehen Sie mich jetzt bitte nicht falsch, aber eins wundert mich dann doch ein wenig.«
Sie versteifte sich instinktiv. »Was meinen Sie?«
»Hey, ganz locker.« Er massierte vorsichtig weiter. »Es geht mich auch überhaupt nichts an.«
»Was? Nun fragen Sie schon!« Wieder reagierte sie patzig, was sonst gar nicht ihre Art war. In seiner Gegenwart geriet sie ständig aus der Balance. Aber wie sollte sie ausgeglichen bleiben, wenn er ihren Nacken- und Schultermuskeln zu wahren Wonnen verhalf?
»Warum geben Sie ein Vermögen für Fertiggerichte und Convenience-Produkte aus? Wenn ich mich recht entsinne, sitzen Sie in einem Ausschuss, der sich bessere Ernährungskunde in Schulen auf die Fahnen geschrieben hat. Und Sie setzen sich aktiv für die Müllvermeidung in der Stadt und Umgebung ein. Das stand sogar in Ihrer Wahlagenda.«
»Und jetzt halten Sie mich für eine elende Heuchlerin.«
»Ich habe nur eine Frage gestellt. Rein aus Interesse.«
Martina seufzte und schloss für einen Moment die Augen. »Ich kann nicht kochen.«
»Ach.«
»Nein, wirklich. Konnte ich noch nie. Zum Aufwärmen oder Aufbacken von Fertigbrötchen oder so reicht es gerade so. Ich weiß, was Sie jetzt denken.«
»Wohl kaum.«
»Ich bemühe mich, meinen Kindern jeden Tag ordentliches Essen vorzusetzen. Viel Obst und Gemüse, Bio, wenn es irgendwie geht. Aber mir fehlt einfach das Talent … Backen ist sogar noch schlimmer. Jeder Kuchen, den ich in den Ofen schiebe, wird zu Holzkohle. Jeder Keks zu wahlweise Pappe oder Stein.« Sie spürte, dass seine Hände an ihren Schultern leicht zuckten und begriff erst verspätet, was das bedeutete. »Sie lachen mich aus!« Empört versuchte sie aufzustehen, doch er hielt sie fest.
»Nicht. Bleiben Sie bitte sitzen.« Er ließ von ihr ab und setzte sich neben sie an den Tisch. In seinen Augen war immer noch die Erheiterung zu erkennen. »Tut mir leid, ich lache Sie nicht aus. Es ist nur so …« Er schüttelte den Kopf. »Es ist etwas skurril, dass ausgerechnet Sie nicht kochen können. Dabei wirken Sie in allem so wahnsinnig perfekt. Aber wissen Sie was?«
Instinktiv stellte sie die Stacheln auf. »Was?«
»Jetzt will ich noch viel lieber mit Ihnen ausgehen. Und ich weiß auch schon, was wir machen.«
»Tatsächlich.«
»O ja, und wie. Wir machen ein Picknick.«
»Ein was?«
Er lachte wieder. »Keine Sorge, Sie müssen dafür nicht einen Finger rühren. Fürs Essen sorge ich.«
»Sagen Sie bitte nicht, dass Sie heimlich ein Gourmetkoch sind.«
»Ich?« Heiter grinste Thorsten sie an. »Nein, überhaupt nicht. Aber zumindest habe ich bisher weder Pappe noch Stein oder Briketts aus dem Ofen gezogen.«

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In dem maritimen Lichterhaven hat Thorsten ein Zuhause gefunden. Gemeinsam mit seinem Halbbruder baut er in der Familienwerft hochwertige Holzboote – und erfüllt sich damit einen lang gehegten Traum. Alles, was ihm jetzt noch zu seinem Glück fehlt ist ein Date mit Martina. Doch seit ihrer ersten Begegnung weiß er: Er wird kämpfen müssen, wenn er diese umwerfende Frau für sich gewinnen will. Aber er scheint einen Verbündeten zu haben. Martinas vierbeiniger Begleiter, der ungarische Hirtenhund Capone, schafft es irgendwie immer wieder, dass die beiden sich wie zufällig treffen …

Die Liebe gibt Pfötchen

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Petra Schier

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Erscheint am 18. Februar 2020

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