Als siebten und letzten Textschnipsel möchte ich euch gerne einen Ausschritt aus dem 9. Kapitel präsentieren. Von heute an sind es nur noch etwas mehr als drei Wochen, bis Flammen und Seide in den Buchhandel kommt, ist das nicht toll? Ich freue mich immer so sehr auf die Erscheinungstermine meiner Romane und bin jedesmal so was von gespannt, wie euch meine neuesten Werke gefallen werden.
Lest einfach hier und heute schon mal ein bisschen in die Geschichte hinein und lasst euch neugierig machen.
Ich wünsche euch viel Vergnügen!
Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, lehnte sie sich zunächst für einen Moment dagegen und schloss die Augen. Ihr Herz wollte sich gar nicht mehr beruhigen, und ihre Hände zitterten. Dies war nun also der Augenblick, auf den sie seit ihrem sechzehnten Geburtstag gewartet hatte. Nein, eigentlich noch länger, aber in so jungem Alter hatten sich Gedanken an Peter noch nicht geschickt.
Kurz war sie versucht, ihr Ohr an die Tür zu pressen und dem Gespräch der beiden wichtigsten Männer in ihrem Leben zu lauschen. Ihre Stimmen waren auch jetzt zu vernehmen, doch sowohl ihr Vater als auch Peter sprachen so leise, dass sie die Worte nicht verstehen konnte.
»Madlen?« Ihre Mutter streckte den Kopf zur Stubentür heraus. »Du bist das. Ist da eben Besuch gekommen oder war das nur jemand für deinen Vater oder Wilhelmi?«
Madlen stieß sich rasch von der Tür ab und ging auf ihre Mutter zu. »Peter ist gekommen. Er spricht gerade mit …«
»Peter? Peter!” Mattis drängelte sich wieselflink an seiner Mutter vorbei und strebte auf das Kontor zu. “Peter! Komm und guck, wie gut ich schon alle Buchstaben malen kann!«
Madlen bekam ihn gerade noch am Arm zu fassen, bevor er einfach dort hineinstürmen konnte. »Halt! Bleib hier. Peter spricht gerade mit Vater über«, sie blickte kurz zu ihrer Mutter, »wichtige Dinge. Du musst dich gedulden, bis sie fertig sind, bevor du deine Buchstaben vorführen kannst. Die werden übrigens nicht gemalt, sondern geschrieben.«
»Mattis malt sie noch eher. Er ist ein richtiger kleiner Künstler.« Ihre Mutter ging mit einem strahlenden Lächeln auf Madlen zu und zog sie in ihre Arme. »Nun ist es also soweit, ja?«, murmelte sie ihr ins Ohr. »Ich freue mich so für dich.«
»Ja.« Madlen schluckte gegen den Kloß an, der sich in ihrer Kehle bildete.
»Nur ja?« Ihre Mutter lachte.
»Ja, hm.« Madlen bemühte sich um ein Lächeln, obwohl ihr Pulsschlag immer noch so furchtbar schnell ging, dass ihr fast schwindlig wurde. So fühlte sich das also an, die Vorfreude, Frau von Werdt zu werden. Überwältigend und … seltsam. »Ich bin natürlich glücklich. Das kommt jetzt nur so plötzlich. Peter hat mir gar nichts davon gesagt, dass er heute mit Vater sprechen wollte.«
»Worüber denn sprechen? Meine Buchstaben sind auch wichtig!«, krähte Mattis dazwischen.
Anne-Maria zupfte ihn am Ohr. »Marsch zurück in die Stube, mein Junge. Solche vorlauten Reden will ich von dir nicht hören, verstanden? Andernfalls setzt es was.«
»Verzeihung.« Die Unterlippe weit vorgeschoben trollte der Kleine sich zurück an seine Schreibarbeit.
Die Mutter blickte dem Sohn kurz mit einem leichten Kopfschütteln nach, dann wandte sie sich wieder Madlen zu. »Peter möchte eben keine Zeit mehr vergeuden, das ist doch verständlich. Du hast so lange gewartet und Geduld bewiesen. Jetzt ist er endlich wieder hier, und ihr habt sogar schon ein Haus gefunden. Du wirst eine sehr glückliche Ehefrau werden, da bin ich ganz sicher.«
»Ja, Mutter.« Endlich ließ das Herzrasen ein wenig nach. »Ja, das werde ich.«
»Du bist ganz rot im Gesicht. Ist das die Aufregung? Ich könnte es gut verstehen.« Ihre Mutter strich ihr sanft mit den Fingerspitzen über die Wange.
»Ich glaube ja.« Madlen atmete tief durch. »Ich habe Vater versprochen, Wein für ihn und Peter zu holen.«
»Den guten französischen.«
»Genau den.« Lächelnd wandte Madlen sich in Richtung Küche.
Ihre Mutter folgte ihr. »Ich muss dringend mit Jonata sprechen. Sie soll sich noch schnell etwas Besonderes fürs Abendessen ausdenken. Liebe Zeit, bestimmt ist schon alles fertig. Aber zur Feier des Tages muss es etwas Außerordentliches geben. Wir wollen doch gebührend feiern, nicht wahr? Und Peter ist selbstverständlich unser Gast. Hach, er hätte doch vorher etwas von seinen Plänen erzählen sollen. Jetzt müssen wir improvisieren.«
Munter plauderte ihre Mutter weiter, während Madlen einen Krug mit dem französischen Rotwein füllte und zwei von den wertvollen geschliffenen Gläsern aus der Stube holte. Dort saßen auch ihre Schwestern, beide mit Handarbeiten beschäftigt, und warfen ihr kichernd vielsagende Blicke zu, bevor sie den Raum wieder verließ.
Als sie die Tür zum Kontor erreichte, hörte sie hinter sich aus der Küche die fröhlichen Stimmen von Jonata, Bridlin und ihrer Mutter. Das wilde Pochen ihres Herzens war schlagartig wieder da, ebenso der leichte Schwindel. Krampfhaft umklammerte sie den Weinkrug und die Gläser, aus Angst, sie könnte sie sonst versehentlich fallenlassen.
Da sie keine Hand zum Klopfen freihatte, drückte sie einfach die Klinke mit dem Ellenbogen herunter und trat ein.
Peter erhob sich sogleich, während ihr Vater ihr von seinem Platz hinter dem Schreibpult ruhig und ernst entgegensah.
Etwas umständlich stellte sie Gläser und Krug auf der Tischplatte ab und goss den beiden Männern Wein ein. Dann verschränkte sie die Hände und blickte nervös zu Boden.
»Hol dir den Stuhl dort aus der Ecke, mein Kind, und setz dich zu uns.« Ihr Vater lächelte ihr warm zu, und bevor sie reagieren konnte, hatte Peter den Stuhl bereits herbeigeholt und neben den seinen gestellt.
Madlen setzte sich, die Hände im Schoß gefaltet, und wagte kaum, Peter oder ihren Vater anzusehen. Diese Situation fühlte sich vollkommen unwirklich an, so als würde das hier alles nur in einem Traum geschehen.
Leise räusperte sich ihr Vater und wartete, bis sie endlich den Kopf hob. »Peter ist heute hier, wie du dir unschwer vorstellen kannst, um ganz offiziell bei mir um deine Hand anzuhalten, liebe Madlen. Da er schon seit vielen Jahren um dich freit und noch viel länger ein enger, lieb gewordener Freund unserer Familie ist, obendrein noch mit einem stattlichen Vermögen und für sein Alter ansehnlichen Rang in der Welt versehen, habe ich keinen Grund, ihm seinen Wunsch abzuschlagen. Doch bei einer Heirat geht es nicht nur um die Wünsche einer Person, sondern zweier. Deshalb möchte ich von dir, liebe Madlen, das Einverständnis zu dieser Verlobung aus deinem eigenen Mund hören. Damit ich sicher sein kann, dass Peters Wunsch nach einer Ehe mit dir auch der deine ist.«
Madlen schluckte. Ihr Mund fühlte sich ganz trocken an, und alles in ihr kribbelte merkwürdig. Sie war so mit ihrer Aufregung beschäftigt, dass sie zunächst gar nicht bemerkte, dass die kurze Ansprache ihres Vaters zu Ende war und er sie erwartungsvoll musterte.
Er lächelte sie liebevoll an. »Nun, mein Kind? Bist du mit der Verlobung einverstanden?«
»Ich …« Nervös benetzte sie ihre Lippen, dann blickte sie zu Peter, dessen liebevoller Blick ebenfalls voller Erwartung auf ihr ruhte. »Ja, selbstverständlich bin ich damit einverstanden. Verzeiht, Vater, ich bin nur gerade ein bisschen überwältigt.«
»Mir geht es nicht anders.« Peter strahlte sie an und ergriff ihre Hände, drückte sie leicht.
Ihr Vater hüstelte, äußerte sich jedoch nicht zu der traulichen Geste, sondern fuhr lächelnd fort: »Damit wäre dies also abgemacht. Der Ehevertrag ist ausgehandelt und wird in den kommenden Tagen schriftlich niedergelegt und unterzeichnet. Das Verlöbnis gilt derweil bereits, da ihr mir gegenüber euren Wunsch zu heiraten verkündet habt. Nun bleibt noch ein Punkt zu klären, nämlich der Tag, an dem die Vermählung stattfinden soll. Ich weiß zwar, dass ihr schon recht lange gewartet habt, doch da in eurem neuen Heim noch einiges gerichtet werden muss, möchte ich euch den Martinstag als Hochzeitstag vorschlagen. Ich weiß, das sind noch gut vier Monate, aber bedenkt, was sich in dieser Zeit alles noch erledigen und vorbereiten lässt.« Abwartend blickte er von Madlen zu Peter.
Peter runzelte kurz die Stirn, nickte dann aber. »Vier Monate sind lang, aber was das Haus angeht, so habt Ihr recht, Herr Schwiegervater. Ich hoffe, ich darf Euch von nun an bereits so nennen.« Er wandte sich Madlen zu und drückte ihre Hände mit seiner Rechten. »Was meinst du, hältst du das Warten noch so lange aus?«
Madlen entspannte sich unter der sanften Berührung etwas, sodass sie befreit lächeln konnte. »Ja, natürlich. Es soll ja dann alles fertig sein. Ich finde den Martinstag als Hochzeitstag sehr schön.«
»Ausgezeichnet.« Mit einem leisen Ächzen erhob Gerlach sich und streckte Peter die rechte Hand hin. »Dann bleibt mir jetzt nur noch eines, nämlich Euch von Herzen zu gratulieren.«
Peter schlug ein, und sie schüttelten einander kräftig die Hand. Dann breitete der Vater seine Arme aus und zog Madlen in eine liebevolle Umarmung. »Ich hoffe, vier Monate sind ausreichend Zeit, damit sich alles richtet, wie es soll«, murmelte er und küsste Madlen auf beide Wangen. »Ich möchte, dass du glücklich wirst, mein liebes Kind. Höre stets auf dein Herz, versprich mir das, ja?«
Überrascht trat Madlen einen halben Schritt zurück, um ihrem Vater ins Gesicht blicken zu können. »Ja, Vater, selbstverständlich verspreche ich Euch das.«
»Gut.« Er blinzelte ihr zu, nun wieder ganz jovial. »Dann kann ja nichts schiefgehen.«
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Petra Schier, Jahrgang 1978, lebt mit Mann und Hund in einer kleinen Gemeinde in der Eifel. Sie studierte Geschichte und Literatur und arbeitet seit 2003 als freie Autorin. Ihre historischen Romane erscheinen im Rowohlt Taschenbuch Verlag, ihre Weihnachtsromane bei Rütten & Loening sowie MIRA Taschenbuch.
Unter dem Pseudonym Mila Roth veröffentlicht die Autorin verlagsunabhängig verschiedene erfolgreiche Buchserien.
Petra Schier ist Mitglied in folgenden Autorenvereinigungen: DELIA, Syndikat, Autorenforum Montségur
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