Na, wer sagt’s denn? Die 100-Seiten-Marke ist inzwischen glücklich geknackt. Auf die 120 geht es bereits zu und es fliiiiießt. Allerdings werde ich den Verdacht nicht los, dass die von mir veranschlagten 400 Seiten nicht ganz ausreichen werden. Die Geschichte entwickelt sich langsamer als gedacht. Euch wird es freuen, umso mehr Lesestoff gibt es am Ende. Mich weniger, denn mein Zeitrahmen erweitert sich ja nicht mal eben so einfach.
Dafür fällt mir immer deutlicher auf, dass ich doch sehr von meinen Lieblings-Krimiserien im TV beeinflusst worden bin. Castle, Elementary, eine Prise CSI … Nicht, dass sich deren Plots so einfach ins Mittelalter verlegen ließen. Beileibe nicht. Aber was den Aufbau meines Kriminalfalles angeht, kann ich doch hier und da Parallelen erkennen. Welche, erfahrt ihr hier allerdings nicht. Nur so viel: Es wird einige unvermutete Wendungen in der Geschichte geben. Gab es in meinen früheren Büchern natürlich auch schon, aber hier ist es besonders auffällig. Finde ich. Ob ich damit recht habe, müsst ihr dann ab Juli entscheiden.
Trotzdem, nein, gerade deswegen beginne ich mich jetzt in der Geschichte gerade so richtig wohlzufühlen. Ich hoffe, dieser Zustand hält noch eine gute Weile an. Meistens kommt irgendwann im zweiten Drittel so ein blöder Hänger, wo ich dann einfach nur noch fertig werden will. Dann ist das Ziel aber noch so schrecklich weit, der Berg eher ein Gebirge. Die letzten ca. 100 Seiten gehen dann normalerweise wieder in einem Rutsch, denn auf der Zielgeraden gibt man ja noch mal so richtig Gas.
Seltsam ist es schon, dass in dieser Hinsicht fast jedes Buch einer ähnlichen Gesetzmäßigkeit folgt. Die ersten 80 bis 100 Seiten gehen recht flott, dann kommt die “wirkliche Arbeit”, der Part, wo es immer wieder ums Durchhalten geht. Dranbleiben. Weiterschreiben, auch wenn es manchmal wehtut. Das Manuskript verfluchen und hin und wieder sogar regelrecht hassen. Dann die Zielgerade, die letzten 100 Seiten, wenn das Ende in greifbare Nähe gekommen ist. Und schließlich, irgendwie ganz plötzlich, das letzte Wort. Der letzte Punkt. Fertig.
Mit anderen Worten: Das Anfangen eines Romans ist nicht schwer, sondern das Durchhalten. Das ist die wahre harte Arbeit eines Schriftstellers. Nicht aufgeben, nicht beirren lassen. Auch nicht von Selbstzweifeln oder querköpfigen Figuren, die partout anders wollen, als man sich das gedacht hat. Jeden Flow, in den man sich zu schreiben vermag, genießen. Flow ist gut. :-) Kommt aber in dem verd*** Mittelteil, dem mit der grässlich harten Arbeit, oftmals nicht vor, oder man kann ihn eben nur mit Mühe herbeiführen. Wenn man das Gebirge dann überwunden hat, ist das Beenden eines Manuskripts relativ einfach.
Über diese einfachen und doch so komplexen Tatsachen sollte sich jeder Mensch bewusst sein, der damit liebäugelt, selbst ein Buch zu schreiben. Geschichten aufzuschreiben hat nur selten etwas mit Glamour zu tun und nur zu einem relativ überschaubaren Anteil mit Talent und Phantasie, sondern ist zu mindestens 90 % Arbeit. Harte Arbeit. Manchmal sogar Knochenarbeit. Und das nicht nur, weil einem am Ende des Tages schon mal der Rücken wehtun kann.
Schreiben schröpft die emotionalen und seelischen Kräfte. Dabei ist es unerheblich, ob man ein aufwühlendes Werk wie Der Hexenschöffe verfasst, einen actiongeladenen Krimi oder Thriller oder eine heitere oder doch zumindest leichte Liebesgeschichte. Die inneren Ressourcen werden immer angezapft, nur auf verschiedenen Ebenen.
Vielleicht denkt ihr an meine Worte, wenn wieder einmal jemand behauptet, Schriftsteller würden gar nicht richtig arbeiten. Bücher schreiben könne doch wohl jeder. Sich mal eben hinsetzen und ne Geschichte hinklatschen. Die lesen sich doch meistens so leicht, da steckt ja kaum (echte) Arbeit drin.
Denkste. Je leichter, heiterer, emotionaler, ergreifender, fesselnder sich ein Roman lesen lässt, desto härter war in der Regel die Arbeit des Autors. Auch wenn man mit der Zeit eine gewisse Routine erwirbt, ist es doch nicht immer einfach, das Kopfkino so in Worte zu fassen, dass es sich bei den Lesern entfaltet wie geplant.
In diesem Sinne stürzte ich mich jetzt in den hoffentlich nächsten Flow, schalte mein Kopfkino ein und ihr dürft abwarten, was dabei herauskommt.
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Petra Schier
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Erscheint am 22. Juli 2016
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Petra Schier, Jahrgang 1978, lebt mit Mann und Hund in einer kleinen Gemeinde in der Eifel. Sie studierte Geschichte und Literatur und arbeitet seit 2003 als freie Autorin. Ihre historischen Romane erscheinen im Rowohlt Taschenbuch Verlag, ihre Weihnachtsromane bei Rütten & Loening sowie MIRA Taschenbuch.
Unter dem Pseudonym Mila Roth veröffentlicht die Autorin verlagsunabhängig verschiedene erfolgreiche Buchserien.
Petra Schier ist Mitglied in folgenden Autorenvereinigungen: DELIA, Syndikat, Autorenforum Montségur
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