Glückspilz Fliegenpilz BildSo wie die Überschrift dieses Artikels lautete Mitte Dezember 2015 der Betreff einer Werbe-E-Mail von McDonald’s. Ja, ich kriege deren Newsletter, weil ich mir dafür irgendwann mal, es muss schon mindestens 15 Jahre her sein, angemeldet hatte. Und warum auch nicht? Ab und zu gehen wir gerne mal zum Essen in eines der amerikanischen Fast-Food-Restaurants. Nicht nur McDonald’s. Aber das soll hier gar nicht das Thema sein.

Werde ein Glückspilz …

… ein unverschämter noch dazu. Dieser Betreff hat es mir irgendwie angetan und zwar ganz und gar nicht, weil ich unbedingt an dem im Newsletter beworbenen Monopoly teilnehmen wollte. Unser größter Gewinn bei einer dieser Aktionen war mal ein kostenloser Big Mac. Nein, meine Gedanken gingen spontan in eine ganz andere Richtung.

Werde ein unverschämter Glückspilz.

Werde einer. Ganz ehrlich? Ich gehe schon seit langem durchs Leben und glaube, dass ich längst ein Glückspilz bin. Meinetwegen sogar ein unverschämter.

Warum, fragt ihr?

Da gibt es so viele Gründe, dass mir auf Anhieb gar nicht alle einfallen. Aber ich trage gerne ml die wichtigsten Eckpunkte zusammen.

=> Ich lebe. Ich bin gesund. Damit fangen die guten Nachrichten schon mal an.

=> Ich lebe. In einem Land, in dem grundsätzlich Frieden herrscht. Mal ganz abgesehen von den aktuellen Entwicklungen, auf die ich hier gar nicht eingehen will. Wir haben Frieden. Menschen aus anderen Ländern, Kontinenten, Kulturkreisen kommen hierher zu uns, weil sie diesen Frieden ebenfalls finden wollen. Wir müssen keine Angst vor Bombenangriffen, Militär- und Guerilla-Kämpfern haben, die uns an jeder Ecke auflauern und uns und sich gegenseitig umbringen wollen.

=> Ich lebe. In einem Land, in dem Überfluss herrscht. Ja, ich weiß, jetzt schreien wieder einige von euch auf, die auf die vielen Hartz IV-Empfänger und Obdachlosen und und und anspielen. Klar, die gibt es auch, überall. Trotzdem lebe ich in einem Land des Überflusses. In einem Land, in dem ich in einen Supermarkt gehen kann und dort beinahe von der Fülle der angebotenen Waren erschlagen werde.

=> Ich lebe. In einem Land, das so viele Sozialgesetze hat wie kaum ein anderes. In dem es sogar möglich ist, Menschen, die aus fremden Ländern und Krisengebieten hier Zuflucht suchen, Schutz und Obdach zu gewähren.

=> Ich lebe. In einem Land, in dem Demokratie und Freiheit und die Gleichheit aller Menschen zu den Grundrechten zählen.

=> Ich lebe. In einem Land, das Männer und Frauen als gleichberechtigt ansieht. Und ja, ich weiß, dass noch immer Frauen für gleiche Arbeit oft weniger Geld kriegen und so weiter. Darauf braucht ihr mich nicht hinzuweisen. Lest doch bitte einfach mal weiter, ohne gleich zu meckern. ;-) Ich kann als Frau in Deutschland alles tun und werden, was ich will. Genau wie als Mann. Manches ist vielleicht schwieriger als anderes, doch niemand kann es mir verbieten und niemand darf mich diskriminieren, weil ich eine Frau bin.

=> Ich lebe. In einem Land, in dem alle Menschen frei ihre Meinung äußern dürfen. Auch wenn mir die Meinung mancher Menschen vielleicht nicht gefällt, so respektiere ich doch, dass auch sie sie aussprechen dürfen. Solange sie das tun, ohne die Rechte, das Leben oder die Würde anderer Menschen zu verletzten. Das hat dann nämlich nichts mehr mit Meinungsfreiheit zu tun, sondern mit Zwang, Gewalt, Sexismus, Rassismus oder schlimmstenfalls sogar Terror.

=> Ich lebe. In einem Land ohne Zensur oder Einschränkung der Pressefreiheit und mit der Möglichkeit, mich via Zeitung, Fernsehen, Radio oder Internet über alles, was auf diesem Planeten vorgeht, zu informieren. Mannigfaltig, in unzähligen Sprachen und Verlautbarungsformen.

=> Ich lebe. In einem Land, in dem jedwede Information, die ich zu allen auch nur  denkbaren Themen suchen könnte, nur einen Mausklick, eine Zeitung oder Zeitschrift, ein Buch oder ein Gespräch entfernt liegt.

=> Ich lebe. In und an einem Ort, den ich mir selbst ausgesucht habe. Umgeben von Menschen – Familie und Nachbarn –, die genauso einfach Mensch sein wollen und dürfen wie ich. Dabei spielt es gar keine Rolle, woher sie ursprünglich kamen, wie sie aussehen, wie alt sie sind oder welchem Glauben sie angehören. Sie sind einfach da und gehören zu mir und meiner Wahlheimat dazu.

=> Ich lebe. Und bin glücklich verheiratet. Meistens. ;-) Streit und Querelen gibt es in jeder Ehe, Beziehung, Familie. Sie gemeinsam zu meistern ist die Kunst, die ich ausüben darf.

=> Ich lebe. In einem Haus, das wir selbst gestaltet und gebaut haben. Das in wenigen Jahren nicht mehr der Bank, sondern ganz allein uns gehören wird. In das wir viel Schweiß und Herzblut gesteckt haben. Das an einem wunderschönen Ort steht, umgeben von Walt und Natur. In dem Platz ist für Familie, für Haustiere, für Gäste, fürs Leben.

=> Ich lebe. Und liebe Tiere. Ganz besonders natürlich unseren Schäferhund Zeus, aber auch die Kühe und Pferde ringsum auf den Weiden, die Tiere im Wald, die Vögel, die ich im Winter immer fleißig füttere und anderen Gesang ich mich im Sommer erfreuen kann. Die Hühner hinter dem Haus, die uns die besten und glücklichsten Eier legen. :-D Die Katzen unserer Nachbarn (irgendwann kriege ich auch wieder eine). Alle Tiere, Reptilien, Insekten (auch wenn ich Spinnen lieber aus dem Weg gehe) oder Schalentiere, die sonst noch kreuchen und fleuchen. Auch die Fische und sonstigen Bewohner von Bächen, in den Flüssen, im Meer. Viele davon kriegt man im Leben nie zu sehen, oder höchstens in einer TV-Dokumentation oder im Internet. Und nein, ich bin keine Vegetarierin.

=> Ich lebe. Und liebe die Natur. Ich halte mich gern in ihr auf, bewundere und genieße sie. Atme die Luft, deren Geruch sich je nach Tages- und/oder Jahreszeit oder Wetterlage immer wieder verändert. Stehe mit großen Augen vor dem Meer oder einem Gebirge, liebe Spaziergänge im Wald, kann mich am Anblick von Blumen, Büschen, Bäumen Wiesen und Feldern zu jeder Jahreszeit erfreuen.

=> Ich lebe. Und fühle mich manchmal ganz klein und unbedeutend, wenn ich zum nächtlichen Sternenhimmel empor sehe und versuche, mir vorzustellen, wie weit sich das Universum erstreckt, was Unendlichkeit bedeutet.

=> Ich lebe. Und bin umgeben – wörtlich oder auch einfach im Herzen – von einer großen und großartigen, bunten Familie. Deren Angehörige, ob nun blutsverwandt, angeheiratet oder auf andere Weise mit mir bzw. uns von Herzen verbunden, stammen aus den unterschiedlichsten Ländern und Kulturkreisen. Wir sind Christen (katholisch und evangelisch), Atheisten, Moslems, waren vor Urzeiten teilweise auch mal Juden, sind Deutsche, Polen, Russen, Senegalesen, ehemalige ostpreußische Flüchtlinge, sprechen die unterschiedlichsten Muttersprachen und Dialekte, üben die verschiedensten Berufe aus, gehören politischen Parteien an oder auch nicht, sehen die Welt durch sozial und kulturell ganz unterschiedlich geprägte Augen und sind doch alle eins: Familie.

=> Ich lebe. In einer Welt, die durch Globalisierung (ja, ich weiß, das ist für manche von euch grundsätzlich igitt) und Internet zum Kuhdorf geschrumpft ist. Gerade Internet und soziale Netzwerke haben dazu geführt, dass ich mit Familie, Freunden und Bekannten (alten und neuen) rund um den gesamten Globus einfach per Mausklick kommunizieren kann. Ich habe sogar schon überaus nette virtuelle Gespräche mit Menschen geführt, von denen ich das noch vor wenigen Jahren für unmöglich gehalten hätte. Zum Beispiel Schauspielern aus meinen Lieblingsserien. Hättet ihr (zumindest die Ü30er, die sich noch daran erinnern können) noch vor 15, 20 Jahren geglaubt, dass es einmal so einfach sein würde, mal eben mit einem Hollywoodschauspieler zu plaudern? Oder mit eurem Lieblingsautor, ganz gleich, wo er lebt? Oder mit … Wem auch immer? Also so richtig, nicht nur ein Fanbrief, auf dem man mit etwas Glück irgendwann eine Autogrammkarte erhält, sondern ganz echt mit Frage, Antwort, Gegenfrage, Smileys und dem einen oder anderen LOL?
Aber nicht nur bekannte Stars und Sternchen durfte ich auf diese Weise kennenlernen, sondern auch unzählige Menschen, die einfach nur Menschen sind, unbekannt aber nicht unbedeutend. Wie du und ich. Wie wir alle. Die meisten sind unglaublich nett, ein paar weniger. Doch es sind alles Menschen. Die leben. Vielleicht so ähnlich wie ich, vielleicht auch so vollkommen anders, dass ich es mir kaum vorstellen kann. Oder irgendwas dazwischen. Menschen.

=> Ich lebe. Und habe die Möglichkeit ergriffen, meinen Traumberuf auszuüben. Ich darf Menschen Geschichten erzählen. Vielen Menschen. Viele Geschichten. Ja, ich werde sogar dafür bezahlt. Man könnte vielleicht argumentieren, dass die Bezahlung denkbar gering ist und nicht im Verhältnis zum Aufwand steht. Aber darum geht es hier nicht. Ich hätte auch was anderes werden können. Bin ich aber nicht. Ich bin Schriftstellerin geworden. Sehenden Auges. Weil ich es so wollte. Weil ich nicht anders konnte. Weil es mich glücklich macht. Ja, es macht mich glücklich, Geschichten zu erzählen, aber noch mehr macht es mich glücklich, wenn meine Geschichten wiederum andere, mir meist vollkommen fremde Menschen glücklich machen. Oder zum Nachdenken anregen. Sie für ein paar Stunden von ihrem Alltag ablenken und in einer anderen Welt – meiner Welt – versinken lassen.
Auch durch meine Geschichten, meinen Beruf, durfte ich wiederum viele Menschen kennenlernen. Per Post und E-Mail, über die sozialen Netzwerke, Foren, Lesungen, Messen, einfach auf der Straße oder im Supermarkt (ja, da wurde ich auch schon auf meine Bücher angesprochen). Besonders schön ist es, wenn aus virtuellen Bekanntschaften und Freundschaften eines Tages reale werden, was mir immer häufiger passiert.
Wie weiter oben bereits erwähnt: Die Welt ist ein Kuhdorf. Mein Kuhdorf.

Werde ein unverschämter Glückspilz!

Warum Werde? Vielleicht begreift ihr nun, weshalb ich mir diese Frage gestellt habe. Ich bin es doch längst. Ein unverschämter Glückspilz.

Vierblättriges Kleeblatt BildSelbstverständlich weiß ich, dass die Welt nicht perfekt ist. Sie ist sogar so weit davon entfernt, wie etwas nur sein kann. Nur, weil ich die schrecklichen, grausligen, traurig und wütend machenden Dinge hier nicht erwähnt habe, heißt das nicht, dass ich mir darüber nicht im Klaren bin und mir keine Gedanken darüber mache, wie man sie verbessern oder abstellen könnte. Doch wenn wir aufhören, uns vor Augen zu halten, was wir alles haben, wie gut es uns geht und was uns trotz aller Hindernisse und Unwägbarkeiten glücklich und dankbar macht – wie sollen wir dann noch wissen, wofür es sich zu arbeiten und zu kämpfen lohnt?

Um es mal mit Captain Jack Sparrows Worten zu sagen: Klar soweit?

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Glückspilzmomente

Und jetzt ihr!

Was macht euch glücklich? Wofür seid ihr dankbar?
Denkt bitte einen Moment nach, bevor ihr hier oder nur für euch selbst darauf antwortet. Was bedeutet es für euch, Mensch zu sein, zu leben?

Seid ihr am Ende vielleicht auch unverschämte Glückspilze?

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