“liebe frau schier, bin fast durch. konnte gar nicht mehr aufhören
– sehr spannend, figuren rundum gelungen (ich liebe palmiro!), sehr viel emotion: toll. muss mich jetzt losreißen und ins bett, sonst sehe ich für morgen schwarz …”

Aus einer E-Mail (via iPhone) meiner Lektorin bei Rowohlt
vom 11. Juni 2015 , 00:56 Uhr (!)

Diese E-Mail hat mich heute früh als Allererstes erwartet, als ich am Küchentisch mit dem Tablet kurz mein Postfach abgerufen habe. Kann ein Tag besser beginnen? Für eine Autorin, die hibbelnd auf eine Reaktion aus dem Lektorat wartet, ganz sicher nicht. :-)

Und weil erstens längst wieder ein Textschnipsel fällig ist und zweitens meiner Lektorin Palmiro so gut gefallen hat, präsentiere ich euch heute einen kleinen Auszug aus dem siebten Kapitel. Denn dort trefft ihr – genau! – auf Palmiro … und ein paar andere Gestalten. Nicht alle davon sind so liebenswert wie er.

Noch mal zur Erinnerung: Pamiro war zu Beginn meiner Arbeit an Die Bastardtochter überhaupt nicht eingeplant. Er hat sich einfach in die Geschichte geschlichen und ich habe mich in ihn verliebt. Ich hoffe, euch wird es ebenso ergehen.

Hier ist der neue Textschnipsel* für euch. Viel Vergnügen!

*Noch immer unlektoriert, ihr wisst schon. ;-)

»Was um alles in der Welt hast du dir dabei gedacht, mir zu folgen? Uns zu folgen«, verbesserte Anton sich wütend, nachdem er Palmiro zum Feuer gebracht und ihn mit Suppe, Brot und stark verwässertem Wein versorgt hatte. An Bosco gewandt brummte er: »Wenigstens wissen wir jetzt, wer uns nachgeschlichen ist.«
»Ich wollt Euch nicht folgen, Don Antonio. Hatte nur den gleichen Weg.« Palmiro hatte sich den Mund mit Brot und Suppe gestopft, deshalb klangen seine Worte undeutlich.
»Ach, du hattest nur zufällig den gleichen Weg, was?« Anton verschränkte die Arme vor der Brust. »Und wie günstig, dass du dich des Nachts an unseren Vorräten bedienen kannst. Wohin willst du denn überhaupt?«
Der Junge zuckte die Achseln. »Weiß nicht, weg halt. Hab ich doch gesagt.«
»Wenn du diesen Weg weitergehst, kommst du bald in Gebiete, wo die Leute kein Italienisch mehr sprechen.«
»Na und, dann lerne ich deren Sprache eben.«
»Wenn dich nicht vorher irgendwelches Gesindel aufgreift und zum Frühstück verspeist. Das kann kleinen Jungen nämlich passieren, die alleine herumstreifen.«
»Mir nicht. Ich bin flink.«
»Nicht flink genug. Wir haben dich geschnappt, oder etwa nicht?«
»Ich könnt aber jederzeit weglaufen, wenn ich will.«
»Und wirst irgendwann beim Klauen erwischt. Die Leute mögen keine Diebe. Du weißt, was man mit dir macht, wenn du gefasst wirst. Mir wäre an deiner Stelle meine rechte Hand viel zu lieb und teuer. Im besten Fall verjagen sie dich. Kleine Herumtreiber wie du sind nirgends gerne gesehen.«
»Ich muss mich doch herumtreiben, Don Antonio. Ihr wolltet mich ja nicht als Knecht haben.« Frech blickte Palmiro zu ihm auf, biss von seinem Kanten Brot ab und kaute genüsslich. »Aber ich find schon nen Herrn, der mich einstellt.«
Der Anblick und die unverfrorene Art des Kleinen reizten Anton zum Lachen. Mit Mühe blieb er ernst. »Mit deinem vorlauten Mundwerk findest du eher den Weg in die Hacht.«
»In die was?«
»In den Kerker.«
»Don Antonio, darf ich Euch kurz sprechen?« Fiorina war neben ihm aufgetaucht und zupfte ihn unauffällig am Ärmel seines Mantels.
Anton erhob sich und ging mit ihr ein paar Schritte zur Seite. »Was gibt es?«
»Don Antonio, Ihr wollt den Kleinen doch nicht etwa fortschicken, oder? Er wird in Schwierigkeiten geraten … oder verhungern.«
Wieder verschränkte er die Arme. »Was soll ich denn deiner Meinung nach mit ihm machen, Fiorina? Er ist ein kleiner Tunichtgut. Respektlos und frech wie Dreck.«
»Er ist erst acht oder neun Jahre alt, Don Antonio. Wir dürfen ihn nicht einfach sich selbst überlassen. Zurückbringen wird nichts bringen, er will mit uns kommen, das sehe ich doch.«
»Er hat schon in Mailand darum gebettelt. Ich habe ihm gesagt, dass ich kein Gesinde mit nach Koblenz nehmen will. Schon gar nicht ein Kind, das bald krank vor Heimweh sein wird.«
»Ihr mögt ihn.«
Anton runzelte die Stirn. »Natürlich mag ich ihn. Aber die Verantwortung ist einfach zu groß …«
»Ihr macht Euch Sorgen um sein Wohlergehen und sein kleines Herz. Eines Tages werdet Ihr ein guter Vater sein.« Fiorina lächelte leicht. »Schickt ihn nicht fort. Ich glaube nicht, dass er uns Schwierigkeiten bereiten wird. Und was das Heimweh angeht … Nach welchem Heim sollte er sich denn wohl sehnen? Er hat doch gar keines.«
»Du willst also, dass ich ihn in meine Dienste nehme.« Anton schmunzelte. »Dir ist klar, dass er uns die Haare vom Kopf fressen wird.«
Fiorinas Augen glitzerten im Schein der Fackel, die Bosco in der Nähe in den Boden gesteckt hatte. »Ihr hattet gar nicht vor, ihn wegzujagen.«
»Du solltest ihm ein bisschen Benimm und Respekt beibringen.«
»Ihr habt ein großes Herz, Don Antonio.« Fiorina reckte sich und gab ihm einen raschen Kuss auf die Wange.
»Ja, leider.« Anton rieb sich das Kinn. »Geh und richte Palmiro ein Lager her. Es wird Zeit, dass wir ein bisschen Schlaf bekommen. Morgen wird wieder ein langer Tag.«

***

Die Nacht neigte sich ihrem Ende zu, der Himmel begann, sich ganz allmählich von tiefem Schwarz in ein dunkles Blau zu verfärben. Es war still im Lager. Noch regten sich weder Vögel noch Menschen. Wovon Anton aufgewacht war, wusste er nicht. Erst, als eines der Pferde unruhig schnaubte, wusste er, dass etwas nicht stimmte. Gleichzeitig spürte er, wie sich die Kette, die er um den Hals trug, stark erwärmte. Schon seit dem Abend hatte er das ungute Gefühl, ein leichtes Vibrieren aus dem Schmuckstück zu verspüren. Natürlich kannte er die Geschichte der Kette, deren Anhänger – ein Kreuz und dessen Rahmen – zu Hause in Koblenz bei seiner Schwester aufbewahrt wurde. Doch selbst hatte er bislang noch nie eine Regung der wundersamen Reliquie verspürt, obgleich er die Kette nun schon seit vielen Jahren unter seiner Kleidung verborgen trug.
Vorsichtig tastete er nach seinem Schwert, das er gleich neben sich griffbereit abgelegt hatte. Leise erhob er sich, schnallte sich den Schwertgürtel um und machte sich auf einen Rundgang um das Lager. Wo steckten die beiden Männer, die jetzt eigentlich Wache zu schieben hätten?
»Was ist los, Don Antonio?« Neben ihm war auf leisen Sohlen Palmiro aufgetaucht, in der Hand einen Ast, den er wohl aus dem Stapel mit dem Feuerholz gezogen hatte. »Ich hab so komische Geräusche gehört. Bin davon aufgewacht.«
»Was für Geräusche?« Anton versuchte, in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Was lag da hinten am Boden? Mit raschen Schritten ging er auf den seltsamen Hügel zu. Er fluchte unterdrückt, als er seine zwei Wachmänner erkannte, denen man die Kehlen durchgeschnitten hatte. »Palmiro, lauf zu Monna Fiorina. Versteckt euch im Wagen!«
Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, als eine Horde dunkler Gestalten mit Gebrüll in das Lager einbrach. Palmiro sauste wie der Blitz los. Anton zog sein Schwert und rannte auf die Eindringlinge zu, streckte einen von ihnen nieder, noch bevor dieser einen nennenswerten Schaden anrichten konnte. Bosco und seine Männer waren bereits auf die Füße gekommen, Fiorina stieß einen schrillen Schrei aus.
Anton konnte erkennen, dass Palmiro sie an der Hand nahm und mit sich hinter die Wagen zog.

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Buchvorschautext und Cover, Quelle: www.rowohlt.de

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Die Bastardtochter
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Petra Schier

Rowohlt-Taschenbuch
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ISBN 978-3-499268-01-4
9.99 Euro

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