Heute habe ich die Korrekturfahnen mit meinen letzten Änderungen (und Korrekturen natürlich auch) an den Verlag zurückgeschickt, und ich finde, das ist ein fantastischer Grund, euch einen weiteren Textschnipsel aus Kuschelglück und Gummistiefel zu präsentieren. Diesmal stammt er wieder mitten aus der Geschichte, genauer gesagt aus dem 13. Kapitel, und hier ist die Zahl 13 meiner Meinung nach wirklich eine Glückszahl, zumindest für meine beiden Hauptfiguren Hannah und Maik. Nach dem sie ihn nämlich kurz zuvor im bzw. beim Watt getroffen und feststellen musste, dass er sich einen üblen Sonnenbrand zugezogen hat, eilt sie ihm zur Hilfe. Mit … Quark! Kennt jemand dieses Hausmittel gegen Sonnenbrand und/oder habt ihr es sogar schon selbst angewendet?

Wie auch immer, der Quark (und was sie sonst noch so mitbringt), führt dabei ganz schön zu … Ach was, lest doch einfach selbst! ;-)

Aus dem 13. Kapitel

Was tat sie eigentlich hier? Hatte sie sich nicht auf einen ruhigen Feierabend gefreut? Stattdessen hastete sie quer durch Lichterhaven, bloß um eine Flasche Pflegelotion gegen Sonnenbrand bei einem Mann abzuliefern, der eindeutig selbst die Schuld an seinem Zustand trug. Dummerweise hatte der Anblick seiner sonnengeröteten Haut Mitleid bei ihr hervorgerufen und das ärgerliche Bedürfnis, sich um ihn zu kümmern. Als sie nun ihren Wagen in seiner Zufahrt parkte, ausstieg und auf die Haustür zusteuerte, gesellte sich noch etwas hinzu: ein vollkommen deplatziertes Kribbeln in der Magengrube. Wo zum Teufel kam das plötzlich her?

»Hör auf damit!«, schimpfte sie in Richtung des Organs, in dem es sich anfühlte, als sei dort ein Trupp Ameisen auf Wanderschaft gegangen, und erschrak, als sich gleichzeitig die Haustür öffnete und Maik vor ihr stand.

»Wie bitte?« Fragend musterte er sie.

Fast hätte sie sich verschluckt. »Äh, nichts. Ich war nur gerade … In Gedanken. Hier.« Sie hielt ihm die hellblaue Flasche mit der Pflegelotion hin. »Davon kannst du ruhig alle halbe Stunde etwas auftragen, später dann in etwas größeren Abständen. So, wie dein Sonnenbrand aussieht, wird die Haut am Anfang die Feuchtigkeit aufsaugen wie ein Schwamm. Hast du schon gekühlt?«

Anstelle einer Antwort hob Maik die linke Hand, in der er einen feuchten Waschlappen hielt.

Beifällig nickte sie und zog ein Päckchen Quark aus ihrer Umhängetasche. Schweigend hielt sie es ihm hin.

Maik runzelte die Stirn. »Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Was soll ich damit?«

»Auftragen. Nicht zu dick, aber auch nicht zu dünn.« Sie lachte auf, als er entsetzt die Augen aufriss. »Wirklich, Quark hilft bei Sonnenbrand. Du kannst ihn auch auf ein Geschirrtuch streichen und dann auf die betroffenen Stellen legen. Aber lass ihn nicht zu lange drauf. Höchstens zehn Minuten, sonst trocknet er an, und dann erreichst du genau das Gegenteil von dem, was du wolltest.«

»Ich schmiere mir doch keinen Quark ins Gesicht!« Abwehrend hob Maik die rechte Hand und schüttelte vehement den Kopf.

»Na gut, wie du meinst.« Trotzdem drückte sie ihm das Päckchen in die Hand. »Du kannst ihn natürlich auch aufs Brot streichen, jetzt, wo er schon mal da ist. Aber glaub mir, Quark kühlt Sonnenbrand sehr gut, das ist ein altes Hausmittel. Außerdem gibt er deiner Haut Feuchtigkeit zurück.« Unschlüssig blickte sie zu ihrem Auto. »Ja, also … Ich schätze, ich mache mich dann mal wieder auf den Heimweg. Gute Besserung.« Sie wollte sich gerade abwenden, als seine Stimme sie zurückhielt.

»Warte!« Als sie sich ihm wieder zuwandte, lächelte er schief. »Danke. Ich … Also … Möchtest du noch für einen Moment hereinkommen? Wir haben noch gar nicht über die nächsten Kochstunden gesprochen.«

Die Ameisen drehten eine weitere Runde in ihrer Magengrube und Hannah, sonst normalerweise gegenüber Krabbeltieren aller Art mit einer gleichmütigen, buddhistisch anmutenden Leben-und-Leben-lassen-Einstellung gesegnet, hätte am liebsten wütend auf ihnen herumgetrampelt. Da dies allerdings schon rein anatomisch nicht machbar war, riss sie sich zusammen, setzte ein Lächeln auf und nickte. »Klar, warum nicht? Wenn ich schon mal hier bin, bietet sich das an.« Als Maik daraufhin einen Schritt beiseitetrat, ging sie an ihm vorbei und vor ihm ins Haus. »Du solltest aber wirklich zuerst von der Lotion auftragen. Je eher du mit der Behandlung beginnst, desto erträglicher wird deine Nacht.«

»Das klingt, als würdest du aus Erfahrung sprechen.« Er blieb neben der Tür zum Gästebad stehen. »Geh doch schon mal in die Küche und setz dich. Oder ins Wohnzimmer, wenn dir das lieber ist. Ich bin gleich wieder da.« Mit einem kläglichen Lächeln gab er ihr das Päckchen Quark zurück, dann verschwand er im Bad.

Schmunzelnd trug sie den Quark zum Kühlschrank und legte ihn hinein. Dabei entdeckte sie eine halbe belegte Pizza, die aussah, als sei sie aus dem Supermarkt, jedoch nachträglich mit weiteren Zutaten belegt worden. Hauptsächlich Gemüse. Zu gerne hätte sie gewusst, wessen Idee das gewesen war. Aber letztlich war das wohl gleichgültig. Hauptsache, die Lebensmittelversorgung in diesem Haushalt machte Fortschritte. Sie wollte sich schon an den großen Esstisch mit der gemütlichen Eckbank setzen, als ihr Blick durch den Durchgang ins Wohnzimmer fiel. Maik hatte den Fernseher eingeschaltet. Auf dem Bildschirm erkannte sie die Startseite eines Streaming-Dienstes. Neugierig trat sie näher, um sich die eingeblendete Favoritenliste näher anzusehen.

In diesem Moment vernahm sie das Geräusch von Hundepfoten auf den Fliesen, die rasch näherkamen. Im nächsten Augenblick sauste Finchen auf sie zu und sprang begeistert an ihr hoch.

Hallo, hallo! Da ist ja Hannah! Wie schön, dich zu sehen! Aber huch, wie peinlich! Ich habe dich gar nicht kommen hören. Ich habe mit Jakob gekuschelt, und der hatte die Zimmertür fast ganz zu. Da ist mir doch glatt entgangen, dass jemand gekommen ist. Hoffentlich merkt niemand, dass ich nicht aufgepasst habe. Immerhin bin ich doch hier im Haus die Wachhündin! Da darf mir so etwas nicht passieren. Glücklicherweise waren es keine Einbrecher, sondern nur Hannah, und die mag ich sehr.

»Hey, du kleine Verrückte!« Lachend wehrte Hannah das stürmische Airedale Terriermädchen ab. »Wo kommst du denn jetzt her? Warst du oben?«

Ja, in Jakobs Zimmer. Wenn dort die Tür zu ist, oder fast zu, dann hört man gar nicht richtig, was hier unten vorgeht. Peinlich, peinlich! Immer noch eifrig wedelnd ließ Finchen sich von Hannah hinter den Ohren kraulen. Hach, tut es gut! Mach ruhig weiter.

»Hallo, Hannah.«

Hannah richtete sich auf und drehte sich überrascht um, als sie die Jungenstimme vernahm. Jakob war in der Küche aufgetaucht. Er trug einen blauschwarzen Schlafanzug mit Astronautenmotiven und war barfuß. Rasch ging sie zwei Schritte auf ihn zu. »Guten Abend, Jakob. Entschuldige bitte. Habe ich dich etwa geweckt? Das tut mir leid.«

»Mh mh.« Jakob schüttelte den Kopf. »Ich hab noch nicht geschlafen. Finchen war bei mir oben, aber plötzlich ist sie losgerannt, und ich wollte sehen, was los ist. Sie hat sogar mit der Nase meine Zimmertür aufgemacht, die war nämlich angelehnt. Ich mag es nicht, wenn meine Zimmertür ganz zu ist. Aber ich wusste nicht, dass Finchen sie aufmachen kann.«

Aber hallo, natürlich kann ich das! Es hat ein bisschen gedauert, aber dann hatte ich den Dreh heraus. Anfangs, das muss ich zugeben, habe ich die Tür dabei manchmal mit der Nase ganz zugedrückt. Inzwischen weiß ich aber, wie es geht.

»Bestimmt wollte sie nach dem Rechten sehen. Um diese Uhrzeit empfangt ihr wahrscheinlich normalerweise keinen Besuch mehr, oder?«

»Was machst du denn hier? Wir kochen doch so spät nicht mehr.«

Hannah lachte. »Nein, natürlich nicht. Ich habe deinen Onkel Maik vorhin beim Spazierengehen getroffen, und weil er sich so einen schlimmen Sonnenbrand geholt hat, habe ich ihm meine Pflegelotion vorbeigebracht.«

»Ach so. Echt? Er hat einen Sonnenbrand?«

»Ja, leider«, antwortete Maik und betrat hinter Jakob die Küche. »Da war ich offensichtlich sehr unvorsichtig.«

»Boah, du bist ja knallrot im Gesicht!« Jakob starrte Maik mit großen Augen an. Dann kicherte er los. »Du siehst aus, als hättest du dich angemalt. Und du glänzt ganz doll.«

Maik tastete über seine Wange, ließ die Hand jedoch rasch wieder sinken. »Das ist von der Lotion. Ich komme mir vor, als hätte ich mich mit einer Speckschwarte eingerieben.«

Wieder kicherte Jakob. »Genauso siehst du auch aus.«

Spielerisch drohte Maik ihm mit dem Zeigefinger. »Nun werde mal nicht frech, kleiner Mann! Was machst du überhaupt hier unten? Du solltest doch schon längst im Bett liegen und schlafen.«

»Ich war noch gar nicht müde. Und dann ist Finchen plötzlich weggerannt, nach unten, und da wollte ich wissen, wer hier ist.«

»Na gut, jetzt weißt du es.« Maik deutete in Richtung Treppe. »Dann kannst du ja wieder ins Bett gehen.« Als Jakob nicht sofort reagierte, setzte er hinzu: »Jetzt!«

»Menno, muss ich echt?«

»Aber so was von!« Noch einmal deutete Maik zur Treppe.

»Ich bin aber nicht müde, und ich kann gar nicht einschlafen.«

Spontan schaltete Hannah sich ein: »Soll ich mit dir nach oben gehen? Ich kenne ein paar tolle Tricks, mit denen man ganz einfach einschlafen kann.«

»Das ist wirklich nicht …«, setzte Maik an. Doch sie schnitt ihm mit einem kurzen Blick das Wort ab.

»Na, komm mal mit, Jakob.« Ohne weiter auf Maik zu achten, ergriff sie die Hand des Jungen und ging mit ihm zusammen hinauf in sein Zimmer.

Finchen folgte ihnen eilig. Moment, ich will mit! Was macht ihr beiden denn jetzt da oben? Das muss ich unbedingt mitbekommen.

Kuschelglück und Gummistiefel

Petra Schier

HarperColins, ca. 450 Seiten
Erscheint am 25.04.2023
ISBN 978-3-74990-532-4
13,- € / eBook 9,99 €

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