Hier kommt der zweite Textschnipsel aus meinem neuen Weihnachtsroman für euch. Heute lernt ihr Oliver und Scottie kennen, und ich hoffe, dabei werdet ihr viel Spaß haben. ;-)
Aus dem 3. Kapitel
»Du kleines Rabenaas, was hast du mit meinem Schuh gemacht?«, schimpfte Oliver, konnte sich das Lachen beim Anblick des unförmigen Klumpens Leder, den er aus dem Körbchen seines neuen Mitbewohners Scottie gefischt hatte, nicht verkneifen.
Scottie, seines Zeichens Bordeauxdogge mitten in der Pubertät, legte nur den Kopf schräg und blickte mit vollkommener Unschuldsmiene zu seinem neuen Herrchen auf. Ich weiß gar nicht, was du meinst. Der Schuh lag einfach so da, genau neben der Couch. Ich dachte, er wäre für mich, so wie der Kauknochen, den du mir gestern gegeben hast. Geschmeckt haben beide ziemlich ähnlich. Nur diese komischen Bändel an dem Schuh waren etwas fisselig. Aber man gewöhnt sich daran.
»Die Schuhe waren teuer! Kannst du mir mal verraten, was ich jetzt damit machen soll?« Oliver wedelte mit dem Ex-Schuh vor Scotties Nase herum. »Ich kann ja wohl kaum nur mit einem Schuh durch die Gegend laufen.« Da es sinnlos war, den Hund im Nachhinein zu schelten, warf er das angesabberte Ding in den Abfalleimer in der Küche. Nach einem resignierten Seufzen ließ er auch den intakten zweiten Schuh folgen. »Allzu oft darfst du das nicht machen, sonst muss ich demnächst barfuß gehen.«
Ich gehe immer barfuß. Was soll daran denn so schlimm sein?
Mit einem schiefen Grinsen ließ Oliver sich auf seine Couch fallen und klopfte gegen seinen Oberschenkel. »Na, komm mal her, Scottie!«
Ja, soll ich? Scottie erhob sich von seinem derzeitigen Liegeplatz mitten in dem kleinen Wohnzimmer und tappte auf Oliver zu. Was willst du denn von mir?
»Na komm, nicht so schüchtern, du kleines Monster.« Noch einmal klopfte Oliver gegen sein Bein. »Ich bin dir nicht böse. Oder doch, ja, aber ich schimpfe nicht. Bringt ja doch nichts, wenn ich dich nicht in flagranti erwische.«
Was ist denn in flagranti?
»Lass dich mal streicheln.«
Oh, das klingt gut, da bin ich dabei. Mit wenigen Schritten war Scottie bei Oliver und schnaufte wohlig, als dieser ihn hinter den Ohren kraulte. Hm, ja, das gefällt mir gut!
»Schmusemonster«, murmelte Oliver amüsiert. »Verrat das hier bloß niemandem, sonst ist mein Ruf als harter Hund dahin.«
Hä? Ich dachte, ich bin der Hund, nicht du? Müsste es nicht harter Mensch heißen? Zumindest fühlst du dich so an. Das habe ich gemerkt, als wir kürzlich draußen herumgetobt haben. Deine Arme, Beine, Bauch, Brust, alles fühlt sich hart und stark an. Gefällt mir gut, weil ich gerne ein Herrchen habe, bei dem ich mich sicher fühlen kann. Dann kann ich mich richtig entspannen und, na ja, Unsinn aushecken. Wiff.
»Du bist schon eine Marke.« Schmunzelnd kraulte Oliver den Hund am Bauch, als dieser sich mit hellen Lauten des Wohlbefindens auf den Rücken warf. »Aber deine kleinen Unarten müssen wir dir noch abgewöhnen, sonst bekommen wir irgendwann Probleme.«
Ich habe doch keine Unarten! Was soll das überhaupt sein?
»Wenn wir das nicht allein in den Griff bekommen, muss ich uns in der Hundeschule anmelden.«
Hundeschule? Abrupt drehte Scottie sich wieder um und sprang auf die Füße. Ist das so was wie das Tierheim? Heftig schüttelte er sich. Da will ich nicht mehr hin! Das war total blöd.
»Ja, genau.« Bekräftigend nickte Oliver. »Du hast richtig gehört. Hundeschule. Ich habe zwar eine Tonne Bücher über Hundeerziehung gelesen, aber wenn du dich nicht bald ein bisschen besser benimmst, muss ich mir professionelle Hilfe suchen.« Er streckte die Beine aus und lehnte sich zurück. »Dass ich mir aber auch ausgerechnet einen Hund ausgesucht habe, der sich mitten in der Pubertät befindet. Ich hätte wissen müssen, dass das nicht einfach wird. Ist ja nicht so, als hätten sie mich im Tierheim nicht vorgewarnt.«
Scottie tappte wieder näher. Magst du mich jetzt nicht mehr?
»Ach, komm her!« Schmunzelnd kraulte Oliver den Hund hinter den Ohren. »Wir kriegen das schon hin, du und ich, oder?«
Klar. Ich mag dich jedenfalls. Manchmal kann ich halt nicht anders und stelle etwas an. Ich muss schließlich alles mal ausprobieren.
»Gut, dass ich Urlaub habe. Bis der um ist, haben sich die Dinge bei uns hoffentlich ein bisschen eingespielt. Ich schätze, ich hätte dich heute noch nicht für zwei Stunden allein lassen dürfen, was?«
Ja, genau! Das war nicht nett. Ich habe mich total gelangweilt und hatte auch ein bisschen Angst, dass du nicht mehr wiederkommst. Wenn ich nervös bin oder Angst habe, muss ich immer irgendwas ankauen. Der Schuh kam mir da gerade recht.
»Ich musste aber dringend einkaufen. Mein Rasierapparat hat nämlich den Geist aufgegeben.« Oliver fuhr sich über Kinn und Wangen, die von dunklen Bartstoppeln übersät waren, denen er normalerweise nach fünf bis sechs Tagen zu Leibe rückte, die nun aber schon fast doppelt so lange Zeit zum Wachsen gehabt hatten.
Ich habe keine Ahnung, wovon du redest, aber mir ist es auch ganz egal, wie du aussiehst. Hauptsache ist, du magst mich, und ich darf bei dir bleiben.
»Tja, was stellen wir mit dem Rest des Nachmittags an? Vielleicht ein Ausflug in den Park? Dort können wir noch ein bisschen an deiner Leinenführigkeit arbeiten.«
Park klingt gut. Scottie wedelte eifrig mit der Rute. Leinenführigkeit nicht so. Wozu überhaupt eine Leine? Ohne können wir doch viel besser spielen.
»Na, dann komm, wir …« Als sein Smartphone klingelte, ließ Oliver sich wieder in die Polster sinken und fischte es aus seiner Hosentasche. »Moment«, vertröstete er Scottie und nahm nach einem Blick auf die unbekannte Nummer auf dem Display den Anruf an. »Jones?«
»Ja, ähm, hallo. Mein Name ist Jana Weißmüller. Bin ich mit Herrn Oliver Jones verbunden? Dem, äh, Privatdetektiv?«
Oliver setzte sich aufrecht hin. »Ja, der bin ich. Eigentlich habe ich gerade Urlaub, aber …«
»Oh, tut mir leid. Ich wollte Sie nicht stören.«
»Schon okay.« Er räusperte sich. »Worum geht es denn, Frau Weißmüller?«
»Ich, also … Ricarda hat mir Ihre Detektei empfohlen. Ricarda Hellberger. Sie hat gesagt, ich soll mich an Sie wenden, wenn noch mal etwas passiert. Und, na ja, es ist jetzt etwas passiert, und ich weiß nicht mehr weiter. Die Polizei kann mir nicht helfen, weil keine ernsthafte Straftat vorliegt, aber ich will nicht riskieren, dass etwas Schlimmes geschieht.«
Eine Bordeauxdogge im Weihnachtsfieber
Jana schafft wunderschöne Kunstwerke aus Glas. Seit jedoch eine Diebesbande umgeht, sind ihre wertvollen Stücke in Gefahr, und so engagiert Jana Sicherheitsmann Oliver und seine Bordeauxdogge Scottie. Anfangs ist sie nicht begeistert von dem Duo, denn der stürmische Scottie scheint ihre Kunst eher zusätzlich zu gefährden als zu schützen. Trotzdem spürt Jana eine Anziehung, der sie kaum widerstehen kann. Was sie allerdings nicht weiß: Oliver hütet ein Geheimnis, das ihre Träume erfüllen oder ihre zarten Gefühle im Keim ersticken könnte.
Auf tapsigen Pfoten ins Glück
Petra Schier
HarperCollins, Taschenbuch
12,5 x 18,7 cm, ca. 400 Seiten
Erscheint am 27.09.2022
ISBN 978-3-74990-478-5
12,00 € / eBook 8,99 €
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Petra Schier, Jahrgang 1978, lebt mit Mann und Hund in einer kleinen Gemeinde in der Eifel. Sie studierte Geschichte und Literatur und arbeitet seit 2003 als freie Autorin. Ihre historischen Romane erscheinen im Rowohlt Taschenbuch Verlag, ihre Weihnachtsromane bei Rütten & Loening sowie MIRA Taschenbuch.
Unter dem Pseudonym Mila Roth veröffentlicht die Autorin verlagsunabhängig verschiedene erfolgreiche Buchserien.
Petra Schier ist Mitglied in folgenden Autorenvereinigungen: DELIA, Syndikat, Autorenforum Montségur
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