10 Tipps zum Überarbeiten eines RomansDie folgenden Tipps beziehen sich schwerpunktmäßig auf das formale und stilistische Überarbeiten eines Textes und weniger auf Inhalt und Aufbau.

Sie sollen vor allem Schreibanfängern ein Werkzeug an die Hand geben, das es ihnen erleichtert, den eigenen Schreibstil zu finden.

Mit wachsender Erfahrung und je nach Genre, dem ein Text zugehört, kann es sein, dass sich der eine oder andere Tipp leicht bis stark relativieren lässt.

 

1.

Kürzen! Bring die Geschichte auf den Punkt. Lass alle nicht direkt zur Handlung gehörenden Erzählstränge und Dialoge raus. Streiche philosophische Monologe, Betrachtungen und Dialoge, die nicht ganz direkt mit dem Plot in Verbindung stehen und/oder ihn weiterbringen. Und da, wo sie unvermeidlich oder auch zur Handlung gehörend sind, kürze sie auf das Wesentliche.

 

2.

Kürze noch einmal! Diesmal eliminiere alle überflüssigen Füllwörter aus den Dialogen. Hierzu gehören zum Beispiel solche wir: “Tja”, “Na ja”, “äh”, “Ja also” und dergleichen mehr Wortschipsel. 

Füllwörter gebrauchen wir in der gesprochenen Sprache dauernd, in Büchern sind sie fast immer Fehl am Platz. Ausnahme: Sie charakterisieren eine Person gerade durch sich immer wiederholende Phrasen und Wörter. Diese kannst oder musst du sogar belassen, weil es sich um Stilmittel handelt. Und ein vereinzeltes „Na ja“ hier und da belebt dann auch wieder. Aber wirklich nur in homöopathischen Dosen.

 

3.

10 Tipps zum Überarbeiten eines RomansKürze noch ein drittes Mal! Und hierbei nimm dir Adjektive und Adverbien sowie weitere Füllwörter wie z.B. “allerdings”, “allzu”, “außerdem”, “bei Weitem”, “eigentlich”, “einigermaßen”, “geradezu”, “fast”, “irgend”, keineswegs, “etwa”, “etwas”, “letztendlich”, “mal”, “möglich”, “nämlich”, “natürlich”, “praktisch”, “tatsächlich, “total”, “völlig”, “wahrscheinlich”, “weiter”, “wirklich”, “wohl”, “womöglich”, ziemlich”, “zusehends”, “zweifellos” vor. Mindestens 50 bis 60 Prozent davon kannst du getrost streichen, ohne dem Text zu schaden. Autoren machen meist ganz zu Beginn den Fehler, zu viele Adjektive und Füllwörter zu benutzen. Ein gewisses Quantum benötigt jeder Text, ganz klar. Je nach Genre sind mehr oder weniger Adjektive und Adverbien (oder auch Füllwörter) üblich. Aber da, wo sie gehäuft auftreten, stören sie fast immer, vor allem, wenn der Leser zu dem Schluss kommt, der Autor traue ihm nicht genug eigene Phantasie zu.

Eine sehr schöne Liste mit Füllwörtern und eine Funktion zum Überprüfen des Textes auf ihre Existenz findest du auf www.schreiblabor.com.

 

4.

Vermeidee Wiederholungen. Dies gilt sowohl für sich wiederholende Wörter oder Wendungen (vor allem in aufeinander folgenden Sätzen oder innerhalb eines Satzes), als auch für das Wiederholen von Inhalten, die der Leser bereits aus vorangegangenen Szenen oder Kapiteln kennt.

Hierzu ein kurzer, aber prägnanter Merksatz:
Nichts schreiben, was der Leser schon weiß.

 

5.

Löse so weit wie möglich alle Bandwurm- und Schachtelsätze auf, wo es nur geht und den Sinn nicht entstellt. Sätze, die über vier, fünf Zeilen und mehr gehen, strengen den Leser an und vergrätzen ihn im schlimmsten Fall. Setze mehr Punkte und mach aus einem Satz zwei oder sogar drei.

 

6.

10 Tipps zum Überarbeiten eines RomansBette deine Dialoge nicht umständlich in Sätze ein (oder nur als Stilmittel, also extrem selten). Stelle beschreibende Sätze oder Einschübe voran oder hinterher. Natürlich kannst du auch den Satz, den jemand spricht, in der Mitte oder wo es sinnvoll ist, durch einen Einschub unterbrechen. Ich gebe hier einmal zwei Beispiele:

Schlecht:

Er drehte sich um und mit einem: „Ach, du bist es“, streckte er ihr die Hand entgegen.
Sie lächelte ihm mit den Worten: „Wen hattest du denn erwartet?“, zu.

Gut:

Er drehte sich um. „Ach, du bist es!“
„Wen hattest du denn erwartet?“ Sie lächelte ihm zu und ergriff seine ausgestreckte Hand.

Schlecht:

Tilo stöhnte ihr “Es geht mit gar nicht gut”, entgegen und sprang würgend mit den Worten “Entschuldige mich”, auf, um zur Toilette zu rennen.

Gut:

“Es geht mir gar nicht gut!” Tilo stöhnte.
Plötzlich sprang er auf. “Entschuldige mich!” Würgend rannte er zur Toilette.

 

7.

Vermeide Rückblenden, wo immer möglich. Versuch lieber, die Handlung chronologisch aufzubauen, damit der Spannungsbogen nicht immer wieder unterbrochen wird. Ausnahmen bestätigen hierbei die Regel. Man kann Rückblenden als Stilmittel zur Spannungsverstärkung benutzen. Auch lassen sich Rückblenden manchmal nicht vermeiden, um einen Charakter oder eine Motivation in einer bestimmten Situation zu begründen. Doch solche Rückblenden sollten dann so kurz wie möglich gehalten sein.
Grundsätzlich sollte man sich immer fragen, ob sich die Rückblende nicht durch eine andere Anordnung der Szenen vermeiden ließe.

 

8.

Geh den Text noch einmal durch und achte darauf, dass du nur bei der Einführung neuer Personen deren gesamten Vor- und Zunamen benutzt. Danach entscheide dich für Vor- oder Nachnamen und benutze dann nur noch diesen. Es ist sehr lähmend, immer wieder Lieselotte Müller, Alfred Brauherr oder was auch immer zu lesen, insbesondere in Dialogen. Und der Leser weiß ja, um wen es sich handelt.

Ob du dich nun für den Vor- oder Zunamen entscheidest, liegt bei dir. Eine Hilfe kann folgendes sein: Vornamen wecken eine größere Nähe, weshalb man sie meistens für den Protagonisten und die weiteren Hauptpersonen verwendet. Durch Verwendung nur des Nachnamens (z.B. Weber) schaffst du eine gewisse, wenn auch möglicherweise nur geringe Distanz, durch die du Nebenfiguren kennzeichnen kannst. Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen. Du musst daher genau abwägen, wie du deine Figuren benennen möchtest.

 

9.

Versuche, weniger zu erzählen und mehr zu zeigen. Behaupte zum Beispiel nicht einfach, dass einer Person zu heiß ist, um es mal mit einem einfachen Beispiel zu sagen. Zeige, wie diese Person unter der Hitze leidet:

Schlecht:

Die Sonnte brannte und Anton schwitzte. Ihm war es viel zu warm im Auto.

Gut:

Anton lehnte sich vorsichtig in dem glühend heißen Autositz zurück und stöhnte. Kaum hatte er die Autotür geschlossen, da brach ihm bereits der Schweiß aus allen Poren. Einige Tropfen rannen ihm übers Gesicht und den Hals hinunter. Ungehalten wischte er sie weg und ließ dann den Motor aufheulen. Die Lüftung brachte nur noch mehr heiße Luft, sodass er sie genervt abschaltete und stattdessen das Fenster herabkurbelte. Blinzelnd klappte er die Sonnenblende herunter und fuhr los.
Schon nach kurzer Zeit klebten seine Kleider an ihm. Das frische Hemd, das Gisela ihm am Morgen extra noch gebügelt hatte, war klatschnass, und seine Finger schmerzten von dem glühenden Lenkrad …

Aber  Achtung: Zu viel zeigen ist auch wieder übertrieben. Wenn du das Gefühl hast, vor lauter “zeigen” den Bezug zur Geschichte zu verlieren, dann versuch es eben doch mit einem kurzen und bündigen: “Ihm war es zu heiß.”

 

10.

10 Tipps zum Überarbeiten eines Romans

Wenn du mit der Überarbeitung fertig bist, lass den Text eine Weile, mindestens drei, vier Wochen, liegen, und dann überarbeite ihn mit Abstand noch einmal.

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