Die folgenden Tipps beziehen sich schwerpunktmäßig auf das formale und stilistische Überarbeiten eines Textes und weniger auf Inhalt und Aufbau.
Sie sollen vor allem Schreibanfängern ein Werkzeug an die Hand geben, das es ihnen erleichtert, den eigenen Schreibstil zu finden.
Mit wachsender Erfahrung und je nach Genre, dem ein Text zugehört, kann es sein, dass sich der eine oder andere Tipp leicht bis stark relativieren lässt.
1.
Kürzen! Bring die Geschichte auf den Punkt. Lass alle nicht direkt zur Handlung gehörenden Erzählstränge und Dialoge raus. Streiche philosophische Monologe, Betrachtungen und Dialoge, die nicht ganz direkt mit dem Plot in Verbindung stehen und/oder ihn weiterbringen. Und da, wo sie unvermeidlich oder auch zur Handlung gehörend sind, kürze sie auf das Wesentliche.
2.
Kürze noch einmal! Diesmal eliminiere alle überflüssigen Füllwörter aus den Dialogen. Hierzu gehören zum Beispiel solche wir: “Tja”, “Na ja”, “äh”, “Ja also” und dergleichen mehr Wortschipsel.
Füllwörter gebrauchen wir in der gesprochenen Sprache dauernd, in Büchern sind sie fast immer Fehl am Platz. Ausnahme: Sie charakterisieren eine Person gerade durch sich immer wiederholende Phrasen und Wörter. Diese kannst oder musst du sogar belassen, weil es sich um Stilmittel handelt. Und ein vereinzeltes „Na ja“ hier und da belebt dann auch wieder. Aber wirklich nur in homöopathischen Dosen.
3.
Kürze noch ein drittes Mal! Und hierbei nimm dir Adjektive und Adverbien sowie weitere Füllwörter wie z.B. “allerdings”, “allzu”, “außerdem”, “bei Weitem”, “eigentlich”, “einigermaßen”, “geradezu”, “fast”, “irgend”, keineswegs, “etwa”, “etwas”, “letztendlich”, “mal”, “möglich”, “nämlich”, “natürlich”, “praktisch”, “tatsächlich, “total”, “völlig”, “wahrscheinlich”, “weiter”, “wirklich”, “wohl”, “womöglich”, ziemlich”, “zusehends”, “zweifellos” vor. Mindestens 50 bis 60 Prozent davon kannst du getrost streichen, ohne dem Text zu schaden. Autoren machen meist ganz zu Beginn den Fehler, zu viele Adjektive und Füllwörter zu benutzen. Ein gewisses Quantum benötigt jeder Text, ganz klar. Je nach Genre sind mehr oder weniger Adjektive und Adverbien (oder auch Füllwörter) üblich. Aber da, wo sie gehäuft auftreten, stören sie fast immer, vor allem, wenn der Leser zu dem Schluss kommt, der Autor traue ihm nicht genug eigene Phantasie zu.
Eine sehr schöne Liste mit Füllwörtern und eine Funktion zum Überprüfen des Textes auf ihre Existenz findest du auf www.schreiblabor.com.
4.
Vermeide Wiederholungen. Dies gilt sowohl für sich wiederholende Wörter oder Wendungen (vor allem in aufeinander folgenden Sätzen oder innerhalb eines Satzes), als auch für das Wiederholen von Inhalten, die der Leser bereits aus vorangegangenen Szenen oder Kapiteln kennt.
Hierzu ein kurzer, aber prägnanter Merksatz:
Nichts schreiben, was der Leser schon weiß.
5.
Löse so weit wie möglich alle Bandwurm- und Schachtelsätze auf, wo es nur geht und den Sinn nicht entstellt. Sätze, die über vier, fünf Zeilen und mehr gehen, strengen den Leser an und vergrätzen ihn im schlimmsten Fall. Setze mehr Punkte und mach aus einem Satz zwei oder sogar drei.
6.
Bette deine Dialoge nicht umständlich in Sätze ein (oder nur als Stilmittel, also extrem selten). Stelle beschreibende Sätze oder Einschübe voran oder hinterher. Natürlich kannst du auch den Satz, den jemand spricht, in der Mitte oder wo es sinnvoll ist, durch einen Einschub unterbrechen. Ich gebe hier einmal zwei Beispiele:
Schlecht:
Er drehte sich um und mit einem: „Ach, du bist es“, streckte er ihr die Hand entgegen.
Sie lächelte ihm mit den Worten: „Wen hattest du denn erwartet?“, zu.
Gut:
Er drehte sich um. „Ach, du bist es!“
„Wen hattest du denn erwartet?“ Sie lächelte ihm zu und ergriff seine ausgestreckte Hand.
Schlecht:
Tilo stöhnte ihr “Es geht mit gar nicht gut”, entgegen und sprang würgend mit den Worten “Entschuldige mich”, auf, um zur Toilette zu rennen.
Gut:
“Es geht mir gar nicht gut!” Tilo stöhnte.
Plötzlich sprang er auf. “Entschuldige mich!” Würgend rannte er zur Toilette.
7.
Vermeide Rückblenden, wo immer möglich. Versuch lieber, die Handlung chronologisch aufzubauen, damit der Spannungsbogen nicht immer wieder unterbrochen wird. Ausnahmen bestätigen hierbei die Regel. Man kann Rückblenden als Stilmittel zur Spannungsverstärkung benutzen. Auch lassen sich Rückblenden manchmal nicht vermeiden, um einen Charakter oder eine Motivation in einer bestimmten Situation zu begründen. Doch solche Rückblenden sollten dann so kurz wie möglich gehalten sein.
Grundsätzlich sollte man sich immer fragen, ob sich die Rückblende nicht durch eine andere Anordnung der Szenen vermeiden ließe.
8.
Geh den Text noch einmal durch und achte darauf, dass du nur bei der Einführung neuer Personen deren gesamten Vor- und Zunamen benutzt. Danach entscheide dich für Vor- oder Nachnamen und benutze dann nur noch diesen. Es ist sehr lähmend, immer wieder Lieselotte Müller, Alfred Brauherr oder was auch immer zu lesen, insbesondere in Dialogen. Und der Leser weiß ja, um wen es sich handelt.
Ob du dich nun für den Vor- oder Zunamen entscheidest, liegt bei dir. Eine Hilfe kann folgendes sein: Vornamen wecken eine größere Nähe, weshalb man sie meistens für den Protagonisten und die weiteren Hauptpersonen verwendet. Durch Verwendung nur des Nachnamens (z.B. Weber) schaffst du eine gewisse, wenn auch möglicherweise nur geringe Distanz, durch die du Nebenfiguren kennzeichnen kannst. Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen. Du musst daher genau abwägen, wie du deine Figuren benennen möchtest.
9.
Versuche, weniger zu erzählen und mehr zu zeigen. Behaupte zum Beispiel nicht einfach, dass einer Person zu heiß ist, um es mal mit einem einfachen Beispiel zu sagen. Zeige, wie diese Person unter der Hitze leidet:
Schlecht:
Die Sonnte brannte und Anton schwitzte. Ihm war es viel zu warm im Auto.
Gut:
Anton lehnte sich vorsichtig in dem glühend heißen Autositz zurück und stöhnte. Kaum hatte er die Autotür geschlossen, da brach ihm bereits der Schweiß aus allen Poren. Einige Tropfen rannen ihm übers Gesicht und den Hals hinunter. Ungehalten wischte er sie weg und ließ dann den Motor aufheulen. Die Lüftung brachte nur noch mehr heiße Luft, sodass er sie genervt abschaltete und stattdessen das Fenster herabkurbelte. Blinzelnd klappte er die Sonnenblende herunter und fuhr los.
Schon nach kurzer Zeit klebten seine Kleider an ihm. Das frische Hemd, das Gisela ihm am Morgen extra noch gebügelt hatte, war klatschnass, und seine Finger schmerzten von dem glühenden Lenkrad …
Aber Achtung: Zu viel zeigen ist auch wieder übertrieben. Wenn du das Gefühl hast, vor lauter “zeigen” den Bezug zur Geschichte zu verlieren, dann versuch es eben doch mit einem kurzen und bündigen: “Ihm war es zu heiß.”
10.
Wenn du mit der Überarbeitung fertig bist, lass den Text eine Weile, mindestens drei, vier Wochen, liegen, und dann überarbeite ihn mit Abstand noch einmal.
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Petra Schier, Jahrgang 1978, lebt mit Mann und Hund in einer kleinen Gemeinde in der Eifel. Sie studierte Geschichte und Literatur und arbeitet seit 2003 als freie Autorin. Ihre historischen Romane erscheinen im Rowohlt Taschenbuch Verlag, ihre Weihnachtsromane bei Rütten & Loening sowie MIRA Taschenbuch.
Unter dem Pseudonym Mila Roth veröffentlicht die Autorin verlagsunabhängig verschiedene erfolgreiche Buchserien.
Petra Schier ist Mitglied in folgenden Autorenvereinigungen: DELIA, Syndikat, Autorenforum Montségur
Mir wird direkt vorgeworfen, dass ich zu kurze Sätze verfasse und damit kühl wirke. Der Leser wünscht Wiederholungen und liebt das Ausgeschmückte. Ich nicht.
Mir wurde so etwas noch nie gesagt. Früher hatte ich die Angewohnheit, Bandwurmsätze zu schreiben, bis ich mir angewöhnt habe, öfters einen Punkt anstelle eines Kommas zu setzen. Natürlich gibt es auch mal hier un da einen längeren Satz bei mir. Und nur im BILD-Stil Sätze mit weniger als fünf Wörtern könnte auch anstrengend wirken. Die bunte Mischung macht es.
Ich glaube nicht, dass die Leser immer und überall Wiederholungen und Ausschmückungen mögen. Es kommt natürlich auch auf das Genre an. Im historischen Roman sieht es zum Beispiel anders aus als in einem Action-Thriller oder einer Slapstick-Komödie.
Das kommt sicherlich auf die Beinhaltung an. Wenn du bspw. viele abgeschnittene Sätze aneinandereihst, kann das “kühl” wirken…
knapp, etwas abgeschnitten, kühl:
[…] Martin betrat den Raum. Er sah sich um. Er ging in die Mitte des Raums. Er blickte zum Boden. Dort entdeckte er ein defektes Stück Parkett. […]
zusammenhängend, weniger kühl:
[…] Martin betrat den Raum und sah sich um. Dann ging er in die Mitte des Raums und blickte zu Boden. Dort entdeckte er ein defektes Stück Parkett. […]
Auffällig ist, das hier bspw. “er” immer und immer wiederholt wird. Noch langatmiger wirkt es, wenn du jedes Mal volle Namen verwendest. Bindworte wie “und” sparen in jedem Beisatz das Subjekt ein.
*Nicht “Bein-Haltung”, sorry Be-Inhaltung oder kurz “inhaltsbedingt”. Sorry, das war wirklich unabsichtlich missverständlich. ;)
Es geht sowohl zu kurz als auch zu lang; zu lang ist aber vermutlich häufiger anzutreffen, insofern ist der Ratschlag des Artikels im Allgemeinen gut. Die Ausnahmen mit den kurzen Sätzen brauchen halt einen anderen Rat. (Genauso die Adjektivabstinenzler, die Füllwortvermeider und die Zukurzundknappautoren.)
Zu dem Beispiel mit dem Schwitzen im Auto: Das Geschriebene wäre mir (so ganz ohne Kontext) viel zu viel. So viel zu einem banalen Schwitzen würde ich nur schreiben, wenn der beschriebene Charakter ein Schwätzer ist, der das ganze auch selbst so wiedergeben würde, also um ihn gleich indirekt mit zu charakterisieren, oder wenn ich bewusst den Leser mit diesem Detailreichtum bombardieren wollte, um etwas in ihm auszulösen (z. B. ein unangenehmes Nachempfinden der Hitze und ihrer Unausweichlichkeit).
Danke für die sehr hilfreichen Tipps. Ich schreibe wissenschaftsjournalistisch, im Genre Ratgeber und auch die eine oder andere Geschichte. Die 10 Punkte kommen wunderbar auf den Punkt. Merci!
Ein Roman zu schreiben soll leicht gehen, wenn man eine Idee die ganze Zeit hat. Man soll aber auch die Leser berücksichtigen, also klar für sie schrieben. Das kann man durch kürzere Sätze und gute Dialoge strukturieren. Man kann beispielsweise die Füllwörter vermeiden. Ich informiere mich noch was man noch machen kann, um das Buch maximal deutlicher und spannender für Leser war.
Also mir ist noch keine Autorin und kein Autor begegnet, die oder der gesagt hätte, das Schreiben von Romanen wäre einfach. Man kann vieles lernen, etliches wird zur Routine, bestenfalls entwickelt man sich von buch zu Buch weiter. Aber unter einfach würde ich diese Arbeit nicht einordnen. Spannend, interessant, wundervoll, manchmal auch erhebend, ganz sicher manchmal extrem anstrengend und sogar zermürbend. Aber nicht einfach. :-)
@Petra Schier && @Helena:
Inzwischen denke ich, dass die Hauptarbeit des Autors nicht etwa beim Erfinden einer guten Geschichte liegt (ist natürlich immer noch wichtig), sondern zu entscheiden, wann man ausführlich schreibt und was man etwas Nebensächliches weglässt. Ob Dialoge tatsächlich der Story dienen oder nur Blaa-blaa sind? Hübsch formuliert, sarkastisch untermalt oder doch reizender Zynismus, der kurz und knackig ist? Wie intelligent ist der Leser, kann er sich zwischen den Szenenwechseln selbständig eine Hintergrundstory zusammenreimen, reicht die Vorstellungskraft aus, um auf übertrieben umschriebende Eigenschaften zu verzichten oder Erkenntnisse/Schlussfolgerungen der Charaktere zu erkennen, ohne sie niedergeschrieben zu sehen?
Und das alles ohne den Leser zu langweilen oder andererseits zu überfordern. Vermutlich genreabhängig und auch beeinflusst, vom geschätzen Bildungsniveau der Lesergruppe.
Aber das macht es ja gerade auch so spannend. ;)
Aber widerspricht Punkt-8 nicht auch den Punkten-1 und -3? Wenn bspw. in einer Vorgeschichte/Einleitung ein Rückblick in die Kindheit eines Protagonisten beschrieben werden soll, kann man zwar Füllwörter sowohl in der Erzählung, als auch in den Dialogen vermeiden. Klar, aber wie entscheidet man, ob der tägliche Weg zum Brunnen, um Wasser zu holen und die Tatsache, dass der struppige Hund immer dabei war, nicht als Stilmittel und Erklärung für eine romantisierte, aber dennoch anstrengende Kindheit ist?
Generell habe ich sehr oft das Gefühl, dass ich bestimmte Dinge – da so erlebt – genau erklären muss oder auch ungefragt etwas Bildung/Wissen einbauen möchte.
Kann man vielleicht eine Gruppe Testleser das Werk mehrfach lesen lassen, während diese beim 2-3mal die einzelnen Absätze benoten, bspw. in ihrer…
– Notwenigkeit (späterer Bezug): 70%
– Humor: 35%
– Langeweile (langatmig): 15%
– Emotion (Verbundenheit zum Protagonisten): 40%
– …?
Ich kämpfe jedes Mal genau mit diesen Maßnahmen der Kürzung. Oft sehen meine Leser, die Notwendigkeit eines Abschnitts ganz anders, als ich. Oder lachen an völlig anderen Stellen. :/
Ich versuche alle meine Werke von Beginn an kurz und knapp zu halten, da ich immer bereits das Höhrbuch im Hinterkopf halte. Laut vorgelesen klingten langatmige Zeichnungen, Beschreibungen, Lehrsätze/Wissenvermittlung oder Füllwörter natürlich sehr schnell enorm langweilig.
Füllwörter zu vermeiden, bedeutet nicht, gänzlich auf Adjektive oder Beschreibungen zu verzichten. Es ist nur so, dass man den Großteil der Füllwörter letztlich nicht braucht. Das muss man von Fall zu Fall entscheiden und darüber hinaus hängt es auch von der Art des Textes bzw. vom Genre ab. Eine Faustregel kann es hierbei nicht geben, denn jeder Text ist individuell. Ob etwas ein Stilmittel ist oder einfach nur eine überflüssige Wiederholung, kann man deshalb auch so pauschal nicht beantworten.
Ich gehe jedoch immer davon aus, dass man etwas erst als Stilmittel ganz gezielt einsetzen sollte, wenn man mit dem Handwerk an sich so sicher und vertraut ist, dass man die Unterscheidung, ob Wiederholung oder Stilmittel, ganz gezielt und bewusst treffen kann.
Selbstverständlich kann man Testlesern die verschiedensten “Aufgaben” mitgeben, wenn sie dazu bereit sind, sich so ausführlich mit dem Text auseinanderzusetzen.
@Petra Schier:
1. Nutzt du Testleser oder verlässt du dich final auf deinen Verlag, bzw. Agentur und deren Lektoren und Co-Autoren?
2. Mein Problem ist meistens, dass meine ersten Werke alle eine zu lange Einführung besitzen. Also 35 Seiten (50K) für eine Vorgeschichte ist vermutlich einfach zu lang. Andererseits war Tolkin sehr gut in solch gestreckten Vorgeschichte. Wobei ich mich sicherlich nicht mit Tolkin gleichsetzen möchte. Dazu kommt, dass die ersten Übersetzung vom Herr der Ringe unfassbar langatmig wirkten, fast wie Auszüge aus Karl May – Büchern.
Ich werde aber deine Tipps Ernst nehmen und sehr viel kürzen. Vielleicht erreiche ich dann meine 320 Seiten.
Hast du auch bereits ungekürzte Manuskipte an Verlage/Agenturen gesendet? Oder beide Versionen (gekürzt und ungekürzt)?
Für meine Verlagsbücher habe ich gar keine Testleser. Der oder die erste Leser*in ist immer meine Lektorin oder mein Lektor. Das habe ich schon immer so gehalten und habe damit auch sehr gute Erfahrungen gemacht. Allerdings hatte ich bisher auch immer sehr gute Lektor*innen, mit denen ich ausgezeichnet zusammenarbeiten konnte.
Für die Buchserien, die ich verlagsunabhängig publiziere, habe ich Testleserinnen und Testleser, insbesondere weil diese alle von Anfang an mit den Serien “mitgewachsen” sind und in etwa wissen, was ich im Detail bei den einzelnen Episoden noch wissen oder klären möchte. Da geht es oftmals um inhaltliche Dinge, gar nicht so sehr um stilistische. Das hängt aber auch damit zusammen, dass ich als Vollprofi, sprich hauptberufliche Autorin seit 2005 bereits so viel Erfahrung sammeln konnte, dass ich stilistisch sicher bin. Zwar entwickele ich mich immer und immer weiter, aber das grundsätzliche Handwerk beherrsche ich, sodass es auch im Lektorat selten zu wirklich großen stilistischen Fragen kommt. Da wird bei mir nur noch Feinschliff gemacht. Dieser ist aber auch sehr wichtig, denn aus einem guten Manuskript macht ein gutes Lektorat dann ein richtig, richtig super gutes. :-)
Deshalb arbeite ich nach den Testlesern auch bei meinen selbst publizierten Büchern IMMER auch mit einer guten Lektorin zusammen.
Was lange Einführungen angeht: Die kommen selten gut an, das schreckt die meisten Leser eher ab. Auch Verlage mögen so etwas nicht. Besser ist es, gleich mit Handlung zu beginnen, die die Leser in die Geschichte hineinzieht. Die Vorgeschichte einzubringen, kann auf verschiedenen Wegen geschehen. Rückblenden, wenn sie nicht zu sehr ausufern, oder innerhalb des Geschehens einzelne Details (nie zu viele auf einmal) einbinden. In Dialogen kann man manches auch erklären, aber immer unter der Prämisse, nicht zu langatmig und ausführlich zu werden.
Einige Dinge lasse ich oft auch sehr offen oder mache nur Andeutungen, manchmal bis fast zum Schluss, je nachdem wie wichtig das jeweilige Detail ist und ob ich damit ggf. die Spannung beim Leser erhöhen kann, wenn ich ihn zappeln lasse.
Du empfiehlst also immer einen Lektor? Wie und wo finde ich einen Lektor, ohne bei einem Verlag oder einer Agentur unter Vertrag zu stehen? Und was kostet so etwas in der Regel?
Ich vermute 1-2 Tage für die Erstlesung und dann sicherlich 2-4 weitere Tage, um Absatz für Absatz zu überarbeiten. Also kostet es mindestens eine Lektorenwoche. So komme ich mindestens auf 1’000 – 1’500 EUR pro Buch, vermutlich sogar mehr (zumindest bei fairen Stundenpreisen). Bedenkt man, dass ein eBook nach Steuern kaum mehr als 5-10 EUR einbringt, ist das ein gewaltiger Kostenfaktor.
Andererseits habe ich gerade mal nach Lektoratspreisen gegooglet und zwischen 1.50 und 2.50 EUR pro DIN-A4-Seite kommt mir viel zu wenig vor. Wobei hier sicherlich ausschließlich die Prüfung von Rechtschreibung und Grammatik im Fokus liegt.
Kann man Lektoren die Arbeit leichter machen? Also abgesehen von Erfahrung? Die uns Anfängern einfach fehlt. Klar die Kürzungen, Wiedholungen, Vermeidung von Füllwörtern, etc. sollten natürlich zuvor stattfinden.
Ich plane bspw. meine Testlese online lesen zu lassen und jeden Absatz/Szene bekommt an der Seite die oben erwählte Bewertungsauswahl. So will ich herausfinden, ob meine Leser eventuell ganze Abschnitte als unwichtig oder nebensächlich für die Handlung halten, sich langweilen oder darüber freuen. Außerdem habe ich festgestellt, dass ich alle Bücher einmal laut lesen muss, da es dann eine ganz andere Wirkung hat (hilfreich auch später für die Hörbücher-Produktion).
Auf dem englischsprachrigen Sektor lese ich immer von der Kombination aus Lektor und Co-Autor. Klar für Übersetzungen ist ein Co-Autor sicherlich nützlich. Aber beim klassichen Lektorat? Was macht denn einen guten Lektor aus?
Einen Lektor oder eine Lektorinnen findest du zum Beispiel über den Verband freier Lektorinnen und Lektoren. Man kann auch auf Facebook suchen. Oder einfach mal nach freien Lektor*innen googeln. Die meisten bieten ein kostenloses Probelektorat von wenigen Seiten an, das würde ich immer empfehlen, um zu schauen, ob man gut miteinander arbeiten kann und ob die Änderungen, die vorgeschlagen werden, für dich umsetzbar sind.
Auf Stunde werden die wenigsten Lektor*innen bezahlt, sondern nach Normseiten (30 Zeilen à 60 Anschläge = 1800 Zeichen inkl. Leerzeichen pro Normseite), und da variieren die Preise zwischen 1,50 und 10 Euro pro Seite. Es kommt auf die Art des Textes an. Im Schnitt liegen die Preise bei Belletristik zwischen ca. 3 und 5,50 Euro pro Normseite, was ich für absolut okay halte, denn immerhin müssen die Lektor*innen ja auch davon leben.
Ein Lektorat umfasst formale, stilistische und inhaltliche Aspekte, darin enthalten auch Grammatik. Wenn ein Tippfehler entdeckt wird, wird dieser in der Regel auch korrigiert. Allerdings ist eine richtige Rechtschreib- bzw. Tippfehlerprüfung hinterher noch einmal sehr wichtig. Dazu kann man entweder eine/n Korrektor*in engagieren oder auch Testleser, die mit der Rechtschreibung absolut fit sind und auch wirklich sehr sorgfältig lesen. Man selbst sieht in der Regel den Wald vor lauter Bäumen nicht, deshalb ist ein Korrektorat besser außer Haus aufgehoben.
Leichter machen kann man es selbstverständlich für das Lektorat, wenn man einen bereits sehr sorgfältig überarbeiteten und geschliffenen Text abgibt. Dass dies bei angehenden Autor*innen mit noch wenig Erfahrung anders aussieht als bei “alten Häsinnen”, ist ganz klar.
Ein/e Co-Autor*in hat nichts mit dem Lektorat zu tun, sondern ist jemand, mit dem oder der man das Buch zusammen schreibt. In welcher Form auch immer. Manche wechseln sich kapitelweise ab, andere teilen sich die Arbeit auf, sodass einer plottet und die andere dann schreibt. Oder eine schreibt und der andere überarbeitet. Da gibt es viele Varianten. Ein Lektorat ersetzt das aber nicht, weil es einfach eine Schreibpartnerschaft ist. Diese gibt es auch in Deutschland oft. Das erkennt man nicht immer, weil meist nur unter einem Pseudonym veröffentlicht wird. Manchmal steht jedoch in der Vita, dass sich dahinter zwei Menschen verbergen.
Einen guten Lektor oder eine gute Lektorin macht aus, dass er oder sie sich tief in deinen Text einarbeitet und immer darauf bedacht ist, ihn besser zu machen. Flüssiger lesbar. Er oder sie sucht und findet inhaltliche, formale oder stilistische Unebenheiten und auch Logigfehler und dergleichen und macht Vorschläge, wie diese zu beheben sind. Dabei wird er oder sie immer darauf bedacht sein, deinen Stil nicht zu verändern, sondern sich ihm anzupassen und ihn sanft, aber bestimmt zu verbessern.
Dabei sind alles, was an Änderungen angemerkt wird, nur Vorschläge. Das bedeutet, du bist nicht gezwungen, sie anzunehmen, sondern kannst sie auch ablehnen oder versuchen, durch eigene Änderungen zu ersetzen. Deshalb ist ein Probelektorat, wie ich eingangs schon erwähnte, sehr hilfreich, weil man auch auf wenigen Seiten schon sieht, wie die Lektorin oder der Lektor arbeitet und ob man damit gut zurechtkommt.
Vielen Dank für die ausführliche Info. :)
Punkt 4:
“Vermeidee”
Wäre mein persönlicher Punkt 11:
Du kannst einen Text so oft gegenlesen, wie Du willst. Hat er eine gewisse Länge, überleben einzelne Fehler (meist sehr banale) ganze Generationen an Lektoren und Lesern. Deswegen findet man als Leser sogar immer wieder welche in Klassikern.
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