Eigentlich dachte ich, das sei selbsterklärend und darüber hinaus jedem Menschen klar. Offenbar aber doch nicht, deshalb heute dieser Blogartikel. Schreiben ist politisch. Das war es schon immer und wird es immer sein. Dabei kommt es auf die Textform kaum an, sieht man vielleicht einmal von Einkaufszetteln und Betriebsanleitungen ab. – Und selbst hierbei könnte man nachhaken, was den gekauft werden soll, denn selbst so etwas wie simple Lebensmittel können ebenfalls zum Politikum werden. Fleisch, vegetarisch oder vegan – schon kochen die Gemüter hoch. Bio oder konventionell, gefroren, frisch oder aus der Konserve, Fertiggericht oder Zutaten zum selber Kochen…

Ihr seht schon, worauf ich hinaus will.

Bei Betriebsanleitungen könnte ich die Argumentationskette theoretisch ebenfalls weiterführen, aber ich werde es nicht tun, denn ihr habt es erstens bereits begriffen und zweitens schreibe ich überhaupt keine Betriebsanleitungen. Einkaufszettel schon, und vermutlich ist es auch ein Statement (für die Vielfalt), dass ich auf selbigem meistens alle oben genannten Beispiele vereinige.

Schreiben ist politisch …

… ob Gedicht, Song, Werbetext, Kurzgeschichte, Novelle, Erzählung, Roman oder was auch immer es an Textformen gibt, die sich in der Literatur vereinen.

Werbetexte zähle ich übrigens ganz bewusst auch dazu, denn nicht nur sind damit Vorschau- und Klappentexte von Büchern gemeint. Werbetexte sind eine Kunstform für sich. Ein guter Werbetext verkauft ein Produkt selbst dann, wenn es Schrott ist. Wenn ihr jetzt zusammengezuckt seid, denkt nur mal an: „So wertvoll wie ein kleines Steak.” (Link zum Werbevideo auf YouTube)

Die Millennials und GenXer unter euch werden jetzt sofort an Fruchtzwerge gedacht haben, an denen ja nun wirklich so gar nichts „wertvoll“ ist. Davon, dass ich sie, wie viele von euch garantiert ebenfalls, als Kind geliebt habe, reden wir hier gar nicht. Fruchtzwerge sind ernährungstechnisch besagter Schrott. Der Werbespruch hat sich aber ins kollektive Gedächtnis eingebrannt, obwohl er schon lange nicht mehr verwendet wird, und dazu beigetragen, dass diese Mini-Joghurt-Dingsbums-Zwerge bis heute ein Verkaufsschlager sind.

Wenn ihr etwas darüber nachdenkt, werden euch sicherlich noch weitere Beispiele einfallen, deshalb belasse ich es hier bei dem einen.

Schreiben ist politisch!

Genau, das war das Thema dieses Blogartikel, und da ich hauptsächlich Romane schreibe, geht es mir auch im Schwerpunkt darum.

Hin und wieder, speziell dann, wenn ich mich politisch äußere, erhalte ich Kommentare wie: “Bleib bei deinen Geschichten. Deine Meinung interessiert mich nicht.”

Oder: „Wenn ich ein Buch lese, dann rein zur Unterhaltung. Politische Statements brauche ich da nicht und in den Büchern, die ich lese, gibt es sie auch gar nicht.”

Da sehen wir schon das erste Missverständnis:  Denn jedes Buch enthält ein politisches Statement.

Jedes. Wirklich. Jedes.

„Aber wo soll denn in einem einfachen Heftroman ein politisches Statement zu finden sein?”, fragt jetzt die eine, und der andere fügt süffisant hinzu: „Oder in einem Revers Harem Erotikroman. Oder in Dark Romance.”

Schauen wir uns den Heftroman mal näher an. Wird dort eine Beziehung auf Augenhöhe beschrieben? Das ist ein politisches Statement. Wie werden die Figuren gezeichnet, zum Beispiel gut vs. böse? Darin versteckt sich ebenfalls oft ein politisches Statement. Übrigens manchmal auch im Schauplatz oder der Handlung selbst.

Und „Reverse Harem”? Tja, also was bitte ist mehr ein politisches Statement als eine Frau, die sich für ihre sexuelle Befriedigung einen ganzen Männerharem „hält”?

Dark Romance? Ob nun die hilflose Frau in die Fänge eines düsteren, oft auch noch exorbitant reichen Mannes gerät oder ob sie durchaus wehrhaft ist und sich trotzdem – oder gerade deswegen – mit dem bösen Alphamann einlässt, ob es Consent oder No Consent gibt, die politischen Statements springen uns praktisch von jeder Buchseite an.

Aber auch in jedem anderen Roman, ob historisch, Krimi, Romance, Drama, Thriller, Entwicklungs- oder Familienroman, Fantasy oder Dystopie ich muss gar nicht alle Genres aufzählen, die es gibt. Sie enthalten immer das eine oder andere politische Statement.

Die Dreifaltigkeit der Liebe. Oder: Variation ist alles

Ob es die Beziehung auf Augenhöhe oder vielleicht im Gegenteil eine, die mehr traditionell gezeichnet ist und auf einer Ungleichheit bzw. Abhängigkeit der Frau vom Mann beruht, ob die Haupt- oder Nebenfiguren eine Behinderung haben, nicht dem gängigen Schönheitsideal entsprechen, queer sind oder der LGBTQ+-Community angehören oder sie unterstützen oder auch ablehnen, dies alles sind politische Statements. Ebenso verhält es sich bei Figuren anderer Hautfarbe, Herkunft, Religion oder politischer Ausrichtung. Ein Schauplatz kann politisch sein und auch das Thema des Romans.

Geht es darin zum Beispiel, vielleicht auch nur am Rande, um Umweltschutz, Menschenrechte, Tierschutz oder den Betrug bei der Vergabe des Bauauftrags für das neue Wasserspiel am Dorfbrunnen? Haben die Figuren womöglich einen Beruf, der politisch daherkommt? – Und das kann alles sein, von der Fleischereifachverkäuferin bis zum König über ein Reich voller Elfen und Drachen.

Gibt es unter den Figuren Menschen, die aktiv im Tierschutz tätig sind, diesen unterstützen? Oder den Umweltschutz? Sehen wir sie beim Müll trennen? Trinken Sie nur aus Glasflaschen und essen Sie auf dem Jahrmarkt mit Bambusgeschirr? Haben sie ein Haustier aus dem Tierheim adoptiert oder essen sie vegetarisch, vegan, nur Gemüse aus dem eigenen Garten? Schimpfen sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit über die Missstände in der Pflege oder gleich über die Regierung? Fahren Sie einen Hybrid oder ein E- Auto oder gar nur Fahrrad? Werden sie vielleicht aus einem politischen Motiv gemobbt, verletzt oder gar ermordet oder weil sie eine Frau sind oder einer Minderheit angehören?

Oft springt einem das politische Statement direkt ins Gesicht, ein andermal verbirgt es sich in den Details. Und das ist der springende Punkt: Wir bemerken das politische Statement oft gar nicht, solange es mit unseren eigenen Ansichten und Meinungen konform geht.

Wenn also die Welt, die in einem Fantasy-Roman entworfen wird, uns gefällt oder doch zumindest einleuchtet und schlüssig erscheint und wir uns in ihr auf vertraute weise zurechtfinden, wenn die starke Frau im historischen Roman genau das ist, wovon wir gerne mehr wissen möchten, wenn die Atmosphäre und das Figurenensemble in einem Wohlfühlroman uns begeistert aufseufzen lässt und wenn in einem Krimi oder Thriller am Ende genau die Person ihr Fett weg kriegt, die es unserer Meinung nach so richtig verdient hat – noch dazu auf genau die Art und Weise, die wir ihm oder ihr auf den Hals gewünscht haben, dann wird uns meist gar nicht klar, dass wir es hier mit politischen Statements zu tun haben.

Doch genau in dem Moment, wo uns eine Figur in ihrem Aussehen oder in ihrer Einstellung und Denkweise und/oder in ihrem Verhalten aufstößt, hat das sehr oft damit zu tun, dass hier ein politisches Statement steht, das unserer Überzeugung widerspricht. Ebenso verhält es sich, wenn die Handlung sich in eine für uns und unsere Überzeugung unangenehme Richtung entwickelt, wenn auf einmal gefühlt auf jeder Seite (oder in jedem Buch) Dinge geschehen oder Figuren beschrieben werden, die nicht unserem Idealbild oder unserer Überzeugung entsprechen. Wenn vielleicht sogar mit Sternchen oder anderen Satzzeichen optisch gegendert wird.

Ja, genau, gegendert. Ein großes Politikum, von dem jeder Mensch halten darf, was sie oder er will.

Apropos Gendern:

Habt ihr bemerkt, dass ich es in diesem Blogartikel auch tue? Nicht mit Sternchen, Unterstrich oder Doppelpunkt, sondern indem ich ganz organisch und subtil immer wieder mal die weibliche, mal die männliche Variante nenne, zumeist Seite an Seite und nie immer in der gleichen Reihenfolge? Auch das ist ein politisches Statement, das ich übrigens auch schon seit vielen Jahren in meinen Romanen anwende, wo immer es mir sprachlich angebracht erscheint.

Tut das weh? Euch, meine ich? Vielleicht habt ihr es noch gar nicht bemerkt. Selbst dann nicht, wenn ihr eigentlich gegen das Gendern seid. Achtet mal darauf und überlegt, ob sich eure politische Meinung zu diesem Thema nicht vielleicht ganz allmählich bereits gewandelt hat, ohne dass ihr euch dessen bewusst geworden seid.

Schreiben ist nämlich politisch …

… und das ist sehr wichtig. Denn dadurch, dass Dinge, Figuren, Verhaltensweisen in Romanen (aber auch in Film und TV) wieder und wieder wiederholt werden, landen sie nach und nach in den Köpfen der Menschen und werden zur (neuen) Realität. Wenn wir zum Beispiel möchten, dass, nur als Beispiel, das Patriarchat an Macht verliert und die Menschen Beziehungen auf Augenhöhe führen und gleichberechtigt und gleichwertig zusammenleben, dann hilft es enorm, wenn wir die entsprechenden positiven Beispiele in Romanen, aber auch in Filmen und Serien, immer wieder vor Augen geführt bekommen.

Aus diesem Grund können zum Beispiel die allermeisten Männer in meinen zeitgenössischen Romanen kochen und backen und tun es auch ganz selbstverständlich, und wenn sie es nicht können, dann bemühen sie sich trotzdem zumindest, es zu erlernen. Sie bügeln, putzen, saugen Staub, jäten Unkraut, waschen die Wäsche, und nein, sie helfen damit nicht im Haushalt, sie übernehmen ganz selbstverständlich ihren Anteil daran. Auch dieser kleine, aber feine Unterschied ist ein politisches Statement.

Apropos Filme und Serien:

Immer wieder werden Stimmen laut, die sich beschweren, dass es in diesen beiden Medien, aber auch in Büchern, immer mehr (und womöglich viel zu viel) queere Menschen gibt, Transmenschen, Menschen aus der LGBTQ+-Community. Das sei doch nun wirklich allmählich zu viel!

Sorry, Leute, ist es nicht. Es ist nur neu, zumindest relativ. Auch früher schon wurden solche Menschen hin und wieder in Filmen gezeigt, nicht selten sehr klischeehaft. Das war der Zeitgeist und damit blieben sie eben das, was sie mengenmäßig im Gegensatz zur übrigens Bevölkerung sind: eine Minderheit. Wenn wir aber möchten, dass Minderheiten gleichberechtigt und gleichwertig in unserer Gemeinschaft anerkannt werden, dann brauchen sie mehr Repräsentationsfläche. Autorinnen und Autoren und Filme- sowie Serienmacher bieten nun seit einiger Zeit vermehrt genau diese Fläche, was dazu führt, dass dieses Novum uns wie ein überwältigendes Zuviel vorkommen kann. In Figurenensembles finden wir nun häufiger (oder gefühlt immer) eine Person, die queer ist und eine behinderte oder eine, die von anderer Herkunft ist als alle anderen.

Doch mal ganz ehrlich: Wem tut das denn eigentlich weh? Geht es nicht um die Story selbst? Und ist es nicht ein schöner Nebeneffekt, wenn wir in einer guten Story ganz nebenbei auch noch die Gesellschaft so bunt abbilden, wie sie nun einmal ist?

Eines Tages, und es wird gar nicht mehr so lange dauern, wird das alles ganz normal sein und wir werden gar nicht mehr darüber nachdenken, weil sich das, was in diesen Büchern, Serien und Filmen abgebildet wird, sich 1:1 mit unserer Realität überlagert.

So wie das Gendern. So wie die Tatsache, dass Frauen heute gleichberechtigt sind (auch wenn wir an den Details immer noch arbeiten müssen). So, wie das Smartphone, das vor 40 Jahren noch undenkbar war. Oder so wie die Tatsache, dass wir immer mehr Photovoltaikanlagen auf unseren Dächern und E-Autos in unseren Garagen haben. So, wie wir heute unsere Hunde nicht mehr durch Unterwerfung erziehen und die Haltung von Batteriehühnern verboten haben. Oder so, wie wir heute ganz selbstverständlich dass anstatt daß schreiben.

Schreiben ist und bleibt politisch.

Wenn wir das beim Lesen nicht bemerken, gehen wir mit dem politischen Statement in aller Regel konform. Stößt es uns auf, wird uns diese Tatsache meist erst bewusst. Manchmal aber auch nicht, weil wir gar nicht auf den Gedanken gekommen wären, dass ein Unterhaltungsroman überhaupt politisch sein könnte. Das Ergebnis ist dann oft eine negative Rezension, die sich genau über den Punkt aufregt, der eben der Stein des Anstoßes (und damit zumeist das politische Statement) ist, oder auch einfach die Erkenntnis, dass uns das Buch aus diesen oder jenem Grund nicht gefallen hat. Oder weil es uns einfach Unwohlsein verursacht hat.

Es gibt alle Arten von politischen Statements in Romanen, aus dem gesamten politischen Spektrum, und ob sie uns auffallen oder nicht oder sogar aufstoßen, zeigt uns natürlich auch, wo wir selbst politisch stehen.

Nur mal so grundsätzlich etwas zu den politischen Statements in meinen Romanen und der Einordnung für dich:

Wenn du meine Bücher magst, ob die historischen Romane, die Weihnachts- oder Liebesromane, die Thrillerserien, die ich als Mila Roth veröffentliche oder alles, was die Zukunft noch von mir bringen wird, dann hast du keine Probleme mit Menschen anderer Hautfarbe, Sprache, Religion, Lebensart, mit Minderheiten aller Art, mit LGTBQ+, Transmenschen, starken Frauen und Feminismus, Tierschutz und Umweltschutz. Denn in meinen Büchern, gleich welchen Genres, kommen all diese Dinge vor, und wenn du sie gerne liest, bist du mit Werten wie Toleranz und Gleichberechtigung, Vielfalt und Menschlichkeit sowie Achtsamkeit gegenüber Mensch, Tier und unserem Planeten nicht nur einverstanden, sondern lebst sie auch selbst – so wie ich.

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