Weltbild gibt es nicht mehr

Sicherlich habt ihr es längst mitbekommen: Weltbild hat im Juni 2024 Insolvenz angemeldet und inzwischen seinen Geschäftsbetrieb aufgegeben. Das hat selbstverständlich viele Auswirkungen – auf die Buchhandelslandschaft in Deutschland, auf die Weltbild-Kundinnen und -Kunden, aber auch auf die Verlage und Autorinnen sowie Autoren, die mit dem Weltbild-Verlag zusammengearbeitet haben.

Für mich treffen in diesem Fall gleich zwei dieser Punkte zu.

Schon lange, bevor ich Autorin wurde, gehörte Weltbild mit seinem monatlich erscheinenden Katalog fest und ganz selbstverständlich zu meinem Leben dazu. Wie gerne habe ich in diesem Katalog geblättert, Eselsohren auf den Seiten gemacht, auf denen Bücher zu finden waren, die ich gerne lesen wollte. Angekreuzt habe ich sie zusätzlich, ob nun als Inspiration für meine Eltern, was sie mir demnächst schenken könnten (Geburtstag, Ostern, Weihnachten usw.) oder später für mich selbst als Gedächtnisstütze für die nächste Bestellung.

Wie spannend war es, auf diesem Wege neue Bücher zu entdecken, speziell, weil ich ja auf dem Land lebte (und immer noch lebe) und nicht so häufig in Buchhandlungen gehen konnte. Noch heute erinnere ich mich sehr gut an das Kribbeln in der Magengrube, wenn ich wieder neuen Lesestoff entdeckt hatte oder ein Paket on Weltbild geliefert wurde. Ja, wirklich, das war richtig aufregend und wunderbar für mich.

Damals gab es aber auch noch kein Internet – oder erst in seinen Anfängen –, sodass der Weltbild-Katalog ein wichtiges Informationsmedium hinsichtlich neuer Bücher war.

Nun wird es niemals wieder einen Weltbild-Katalog geben, und das stimmt mich so melancholisch, dass ich diesen Blogartikel schreibe.

Keine allzu große Überraschung für mich

Schon 2014 musste Weltbild eine erste Insolvenz durchmachen, und schon damals bangte die Buchbranche um diesen wichtigen Pfeiler des Buchhandels. Damals waren allerdings auch viele (Kundinnen und Kunden, aber auch Vertragspartner) froh, als sich die katholische Kirche aus dem Konzern zurückzog und frischer Wind in die verlagseigenen Reihen geweht wurde. Plötzlich wurden im Katalog auch Bücher vorgestellt, die vorher niemals ihren Weg dorthin gefunden hätten, weil die Kirche sie für nicht passend hielt.

Sogar eine eigene Erotikreihe entdeckte ich irgendwann unter dem Weltbild-Label.

Doch etwas lief offenbar weiterhin nicht so, wie es das hätte tun sollen, können, müssen. Die Seiten im Weltbild-Katalog, die für Bücher reserviert waren, wurden immer weniger, viele zusätzliche Nonbook-Artikel kamen hinzu, die zuvor eher am Rande vertrieben worden waren. Deko, Haushaltswaren, Spielzeug, Gartenartikel und so weiter und so fort. Das Buchgeschäft geriet über die letzten zehn Jahre in Schieflage, zumindest wirkte es von außen so. Dann strömten Billiganbieter aus aller Welt auf den deutschen Markt, die all solche Nonbook-Artikel deutlich günstiger anbieten … und irgendwann war dann plötzlich Schluss.

Nun ja, nicht so sehr plötzlich. Schon seit der Corona-Pandemie hatte ich das ungute Gefühl, dass etwas bei Weltbild zunehmend im Argen lag. Länger als irgendwo sonst mussten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Kurzarbeit machen und manche Dinge – Interna, über die ich nicht öffentlich schreiben möchte – muteten eigenartig und ungut an. Auch dass die Präsenzen auf der Leipziger und Frankfurter Buchmesse extrem zusammengestrichen wurden, stimmte mich besorgt.

So wirklich überraschend kam also die Pressemeldung über die Weltbild-Insolvenz im Juni für mich nicht. Obwohl ja die Hoffnung stets zuletzt stirbt, hatte ich, anders als bei der Insolvenz vor zehn Jahren, diesmal auch gleich so ein Bauchgefühl, dass es das nun endgültig gewesen sein könnte. Und damit behielt ich leider recht.

Kein lachendes Auge, aber ein halbes lächelndes

Ich schaue nun mit anderthalb weinenden und einem halben lächelnden Auge auf Weltbild zurück.

Wie ihr ganz oben auf dem Banner zu diesem Beitrag sehen könnt, hatte ich über die Jahre eine Menge Weltbild-Lizenzen sowie drei Weltbild-Originaltitel. Leider verfüge ich nicht mehr über Coverbilder von sämtlichen Lizenzen, deshalb habe ich von denen, die oben fehlen, von denen ich jedoch Belegexemplare im Schrank stehen habe, ein Foto gemacht, dass ihr hier unten sehen könnt.

Angefangen mit den Lizenzen hat es für mich irgendwann in den 10er Jahren, als immer wieder Titel meiner historischen Romane von Weltbild bei Rowohlt für die Sammlereditionen angefragt wurden. Ihr wisst schon, da konnte man ein Abo abschließen und erhielt einmal im Monat oder so einen historischen Roman als Hardcover-Lizenzausgabe von Weltbild zugeschickt.

Mein Interesse an einer Zusammenarbeit mit Weltbild datiert aber schon weitaus früher. Ich erinnere mich noch sehr genau an die Zeit ab 2004, als ich regelmäßig als freie Lektorin und Mädchen für alles für den inzwischen auch nicht mehr existierenden Verlag Eifelkrone Musik & Buch gearbeitet und selbstverständlich auch Standdienst auf der Frankfurter Buchmesse geleistet habe. Der Verlag war Mitglied eines Verbunds rheinland-pfälzischer Verlage, und einige dieser Verlagen arbeiteten damals auch erfolgreich im Bereich Lizenzen mit Weltbild zusammen. Oft sprach ich mit dem Eifelkrone-Verleger darüber, ob nicht auch wir so eine Kooperation mal ins Auge fassen sollten – und auch für mich selbst hoffte ich immer, vielleicht mal zufällig auf der Buchmesse einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin von Weltbild zu begegnen, um möglicherweise auf meine historischen Romane aufmerksam zu machen.

Geglückt ist mir das damals allerdings nicht. Irgendwie hielten sich besagte Weltbild-Menschen immer so bedeckt, dass ich nie einem oder einer von ihnen über den Weg lief.

Das änderte sich erst viele Jahre später, nachdem Rowohlt bereits einige Lizenzen meiner Bücher an Weltbild verkauft hatte. Der direkte Kontakt entwickelte sich, als ich mein erstes Weltbild-Original mit dem Titel “Vier Pfoten retten Weihnachten” veröffentlichen konnte. Nun hatte ich plötzlich eine Ansprechpartnerin im Verlag, und passenderweise war es auch gleich die Programmleiterin, mit der ich mich in den folgenden Jahren nicht nur per E-Mail austauschte, sondern die ich auch regelmäßig auf der Frankfurter Buchmesse persönlich traf.

Selbst ist die Frau aka Autorin

Von diesem Zeitpunkt an wurde die “Schlagzahl” meiner vermittelten Lizenzen immer höher, was daran liegt, dass ich bei diesen persönlichen Treffen stets gut gerüstet mit Informationen, Pitches und Flyern aufschlug und die Vermittlung von Lizenztiteln selbst in die Hand nahm. Die Vertragsverhandlungen fanden zwar weiterhin zwischen den jeweiligen Verlagen und Weltbild statt, aber dass es überhaut zu diesen Verhandlungen und Vertragsabschlüssen kam, geht auf meine Kappe.

Die Aachen-Trilogie, die beiden jeweils drei Titel meiner Adelina-Reihe als Dreierpack und den Lichterhaven-Doppelband habe ich vermittelt. Es waren auch noch einige weitere Lizenzen geplant, so zum Beispiel ein Dreierpack zu der Lombarden- und einer zur Pilger-Trilogie, ein Doppelband “Flammen und Seide” und “Der Hexenschöffe”, weitere Lichterhaven-Doppelbände und noch so einiges mehr.

Leider wird es diese Projekte nun alle nicht mehr geben. Das ist nicht nur für die Weltbild-Kundschaft schade, die meine Lizenztitel immer sehr gerne gekauft hat, sondern selbstverständlich auch für mich, denn Weltbild-Lizenzen haben immer ordentlich (meistens fünf-, mindestens aber vierstellig) Geld in Form von Vorschüssen in die Kasse gespült. Von den Originalausgaben ganz zu schweigen, die ebenfalls immer äußerst lukrativ waren.

Übrigens habe ich doch auch einen Sammelband mit dreien meiner älteren Weihnachtsromane komplett selbst mit Weltbild verhandelt, da die Rechte dieser Romane damals schon wieder bei mir lagen. Da war kein Verlag und auch keine Agentur zwischengeschaltet. Das Buch hatte den Titel “Weihnachtszauber auf vier Pfoten”, auch oben auf dem Banner zu sehen.

Wenn ihr euch die Anzahl der Lizenztitel anschaut und nur mal ganz grob hochrechnet, könnt ihr einschätzen, wie viel ich mit Weltbild verdienen durfte, und das beinhaltet noch nicht die ganzen Nachdrucke, die später über den jeweiligen Vorschuss hinaus bezahlt wurden.

Nun gibt es kaum noch vergleichbare Lizenznehmer auf dem deutschsprachigen Literaturmarkt, sieht man vielleicht mal von Thalia ab, die seit einigen Jahren auch gerne Titel von mir für sommerliche oder weihnachtliche Sammelbände in recht hoher Auflage und mit entsprechendem Vorschuss einkaufen.

Ich werde also, wie ganz viele Kollegen und Kolleginnen, zukünftig auf diese Einnahmequelle verzichten müssen und auch auf den Werbeeffekt, den der Weltbild-Katalog darüber hinaus ja immer auch hatte. Das stimmt eine Autorin nicht nur traurig, sondern auch ein klein wenig besorgt, denn das Angebot auf dem deutschsprachigen Buchmarkt in Form von unabhängigen Verlagen und Buchhändlern wird immer kleiner und verdichtet sich zugunsten einiger weniger sehr großer Player.

Wo bleibt denn nun das halbe lachende Auge?

So, nun ist es aber genug mit der Melancholie und der Retrospektive. Eine Veränderung, auch einer so schmerzliche, bringt immer auch etwas Positives hervor, auch wenn an manchmal lange suchen muss, um den Funken Hoffnung zu entdecken.

So bin ich zum Beispiel heilfroh, dass ich das Hörbuch zu Willkommen in Rodderbach: Frühlingsmorgen, dem ersten Band meiner Rodderbach-Liebesromanreihe, nicht mit Weltbild gemacht habe. Ich wollte es gleich im gesamten Handel haben; bei Weltbild, dessen eigenes Hörbuchprogramm eher bescheiden von Umfang und Bedeutung war, wäre es einfach untergegangen. Deshalb holte ich mir die Hörbuchrechte mit meinem Agenten zurück und gab sie an SAGA Egmont/Audiobuch, sodass nun dieser Roman zumindest zum Hören weiterhin verfügbar ist, auch wenn das Printbuch sowie das eBook momentan natürlich nirgendwo mehr erhältlich sind.

Die Rechte an diesem Buch erhalte ich in Kürze nun auch von Weltbild zurück, denn den Verlag gibt es ja nicht mehr. Und das ist der springende Punkt:

Schon Ende 2023 zeichnete sich ab, dass dieses Buch nicht so gut gelaufen war wie erhofft, und das liegt nicht an seinem Inhalt und auch nicht am Cover, sondern sicherlich daran, dass Weltbild damals schon in Schieflage war, mit insgesamt rückläufigen Käufen kämpfte und außerdem zu viele sehr ähnliche Titel zur gleichen Zeit auf den Markt geworfen hat, die sich dann kannibalisiert haben.

Es war also klar, dass es mit dieser Reihe bei Weltbild nicht weitergehen würde, und ich hatte bereits Pläne geschmiedet, sie im Selfpublishing fortzuführen. So ganz glücklich war ich allerdings nicht damit, dass dann Band 1 noch für einige Jahre nur bei Weltbild erhältlich sein würde.

Nun – und hier kommt das halbe lächelnde Auge – habe ich die Möglichkeit, ab 2025 Band 1 ebenfalls neu für den gesamten Buchhandel aufzulegen und bei der Gelegenheit auch die Covergrafik an den zweiten Band anzupassen.

Zudem hat sich inzwischen herausgestellt, dass es einige Storys aus Rodderbach zu erzählen gibt, die vielleicht nicht in den klassischen Mainstream gepasst hätten, sprich, die die Zielgruppe nicht getroffen hätten. So wird es mindestens eine schwule Liebesgeschichte geben sowie eine mit einer Protagonisten Ü40 (die sich in einen jüngeren Mann verliebt) und möglicherweise noch andere Geschichten, die nicht wegen LGTBQ+- oder Frauenfeindlichkeit nicht bei Weltbild hätten erscheinen können, sondern ganz einfach, weil sie nicht der regulären Zielgruppe für diese Romanreihe entsprochen hätten.

Im Selfpublishing bin ich an solche “Gesetze” nicht gebunden. Zwar kann es mir natürlich auch passieren, dass diese Romane dann von der eigentlichen Zielgruppe weniger gern gelesen werden, vielleicht aber auch nicht. Vielleicht kann ich über gezielte Keywords und Werbung auch neue Leserschaften für diese Bücher interessieren, wer weiß. Ich bin jedenfalls entschlossen, es zu versuchen.

Die Arbeit an Band 2 der Rodderbach-Reihe Willkommen in Rodderbach: Sommerglühen beginnt bald, ein bisschen was zum Inhalt verrät euch auch schon der Vorschautext auf der Buchdetailseite.

Und somit ziehe ich, wie es meine Art ist, ein zumindest in Teilen positives Fazit aus einer ansonsten wirklich alles andere als schönen Nachricht.

Wie seht ihr das? Wie erlebt oder empfindet ihr die Weltbild-Insolvenz bzw. die Folgen des Verschwindens dieses traditionsreichen Buchhandels- und Verlagsunternehmens? Über eure Gedanken dazu in den Kommentaren würde ich mich sehr freuen!

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