Diese verflixte Zahnbürste
von Ulla Leuwer, Eingangsdatum: 31.07.2013
Diese verflixte Zahnbürste aber auch! Janna befürchtet, dass ihre Schwester bei nächster passender Gelegenheit noch einmal das Thema aufgreifen und nachfragen wird. Denn sie hatte ihr ansehen können, dass sie die Ausrede nicht geglaubt hat. Aber das war nur ein Problem mit dieser Bürste. Denn Janna ist der Meinung, dass sie Markus eine neue Zahnbürste schuldet. Für den nächsten Großeinkauf macht sie sich deshalb auf ihren Einkaufszettel die entsprechende Notiz.
Ein paar Tage später liegt die Zahnbürste nun in Jannas Zimmer und sie überlegt, wie sie diese an Markus weiter geben soll. Wenn sie es sich genau überlegt, dann war das eine verrückte Idee, denn jeder hat eine Ersatzzahnbürste zu Hause und falls nicht, dann hat Markus sich sicher schon eine neue gekauft. Wie auch immer, Janna weiß nicht, wann sie Markus wieder sieht und im Grunde genommen oder besser gesagt, ihr Unterbewusstsein treibt sie dazu, möchte sie Markus gerne sehen und findet, die Zahnbürste könnte als gute Ausrede herhalten. Ok, sie könnte Markus auch einfach ein kleines Päckchen mit ein paar netten Zeilen schicken. Aber ob er sich dann meldet? Und was soll sie dann sagen? Achje, Janna hätte nicht gedacht, dass es ihr so schwer fallen würde. Soll sie Markus anrufen und sagen, ich habe etwas für Sie, was Sie bei mir vergessen haben? Soll sie einfach mal ins Büro fahren und wenn sie Markus sieht, die Zahnbürste aus ihrer Tasche holen und ihm übergeben?
Langsam kam Janna zu der Überzeugung, dass es eine wirklich verrückte Idee ist. Sie legt die Zahnbürste in eine Schublade und denkt, dass sie das nun dem Zufall überlassen will.
Nach ein paar Tagen hat sie die Zahnbürste wieder in der Hand und packt sie nun kurz entschlossen in ihre Tasche und macht sich auf den Weg ins Büro. Sie wäre nicht Janna, wenn sie die Angelegenheit nicht zu Ende bringen würde.
Leider trifft sie Markus nicht an und steht wieder vor dem Problem, soll sie die Bürste einfach dort lassen und jemanden bitten, sie Markus zu geben. Das kam ihr dann aber auch komisch vor. Also geht sie unverrichteter Dinge wieder und läuft dann doch noch Markus in die Arme.
Er wundert sich über ihre Anwesenheit und Janna fällt jetzt nicht ein, was sie ihm sagen soll und stottert etwas herum. Aber dann greift sie in ihre Tasche und holt die Zahnbürste mit den Worten: Sie haben ihre Zahnbürste bei mir vergessen und ich wollte Ihnen eine neue vorbeibringen“ heraus. Markus zieht die Augenbraue hoch und meint nur: Danke, aber das wäre ja überhaupt nicht nötig gewesen, da ich immer mehrere als Reserve zu Hause habe. Jetzt kam sich Janna doch etwas blöd vor und wusste darauf nichts mehr zu entgegnen.
„Was halten Sie davon, dass ich Sie dafür zu einem Kaffee einlade?“ waren dann die nächsten Worte von Markus .
© Ulla Leuwer
Begegnung im „Supermarkt“
von Melanie Döring, Eingangsdatum: 15. August 2013
Janna schuldet Markus nun eine neue Zahnbürste, da sie vergessen hat, seine mit in den Kulturbeutel zu stecken. Leider hatten ihre Pflegekinder sie entdeckt und sie musste sich eine etwas merkwürdige Geschichte dazu ausdenken, die ihre Schwester ihr wohl auch nicht ganz abkaufte.
Damit sie ihrer Schwester und ihren Eltern nicht über den Weg laufen kann, beschließt sie in der Nähe des Instituts eine Neue kaufen zu gehen. Anschließend kann sie diese dann auch gleich im Institut abgeben, da sie ja nicht weiß wo Markus wohnt. So macht Janna sich also auf den Weg in die Stadt.
Zur selben Zeit bei Markus Zuhause. Er stellt fest, dass seine Zahnbüste nicht mit in seiner Tasche ist und sich eine Neue kaufen muss. Um das alles etwas einfacher zu halten, will Markus diese in der Nähe seiner Arbeitsstelle besorgen.
In der Stadt angekommen geht Janna in eine Drogerie. Sie befindet sich schon in der Abteilung mit den Zahnbürsten, als sie zufällig auf Markus trifft. Markus ist im ersten Moment ganz perplex und weiß nicht so recht was er sagen soll. „Hallo Janna, was machen Sie denn hier?“ fragte er wenig einfallsreich. „Ich wollte Ihnen eine neue Zahnbürste besorgen, da ich es ja versäumte, diese einzupacken“, sagte Janna etwas überrascht. Beide wollen gleichzeitig eine Zahnbürste nehmen und greifen zufällig nach der Selben, sodass sich ihre Finger für einen kurzen Augenblick berühren. Sofort kribbelt es bei Janna in der Bauchgegend und ihr Herz beginnt etwas schneller zu schlagen. „Aber nein, dass darf nicht sein“, dachte Janna. Bei diesem Gedanken errötet sie leicht und schlägt verlegen die Augen nieder. Auch Markus lässt die Berührung nicht kalt, obwohl er sich natürlich nichts anmerken lässt. Er begutachtet lieber die Zahnpasta, die direkt vor ihm liegt und schüttelt leicht den Kopf. Typisch Markus halt. Nach diesem kurzem Moment der Unsicherheit, beschließen Beide einfach noch einen Kaffee trinken zu gehen und über den letzten Fall noch etwas ausführlicher zu sprechen.
Als sie sich später von einander verabschieden, bemerken sie, dass sie vergessen haben die Zahnbürste zu kaufen. Also macht Markus sich noch einmal in die Drogerie auf und besorgt sich seine Zahnbürste. Anschließend begibt er sich zu seiner Arbeitsstelle und kümmert sich um die Verbrecher. Janna fährt unterdessen nach Hause und hat dann doch ein leichtes Grinsen auf dem Gesicht.
© Melanie Döring
Eine coole Zahnbürste
von Susanne K, Eingangsdatum: 16. August 2013
Dieses Fanfic findet eine Woche nach der Rückkehr von Till, Susanna und den Großeltern vom Campingausflug statt
Till war begeistert, als der IC in den Bahnhof einfuhr. Auf einem Bahnsteig stand er mit seiner Zwillingschwester Susanna und seiner Tante Janna, die die Pflegemutter der beiden war. Eilig raffte er seinen Rucksack und rannte auf das nächste Zugabteil zu.
„Till! Warte!“, rief Janna. „Das ist nicht unser Abteil!“
Irritiert sah Till sich um, als Janna und Susanna einen Einstieg weiter vorne nutzten.
„Heh! Pass‘ doch auf!“, beschwerte sich ein großer dunkelhaariger Mann mit missmutigem Gesicht.
„Tschuldigung!“, murmelte Till verlegen und mit roten Ohren.
Der Mann machte eine ungeduldige Geste mit der Hand und verschwand in Richtung der Abteile der ersten Klasse.
Till stieß die Luft aus. „So ein Ekel!“, dachte Till. Er hatte sich doch bei dem Mann entschuldigt.
„Till! Komm‘ jetzt endlich!“, brüllte Susanna ihrem bedöppelt auf dem Gleis stehenden Bruder zu.
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Endlich saß auch Till mit ihnen im Abteil und konnte sich mit seinem neuesten Batman-Comic beschäftigen, während der Zug sie ruhig nach Hamburg brachte. Janna wollte mit ihren beiden Pflegekindern einen Ausflug ins Miniatur-Museum machen. Darauf freute sich Till schon seit Anfang der Woche, Sie waren gerade von einem tollen Campingausflug mit den Großeltern zurückgekommen und dann kam seine Tante gleich auf die Idee, nach Hamburg zu fahren. Und ein neues Batman-Comic hatte er auch bekommen. Momentan sein Lieblingsheld. Der hätte das Rätsel um die grüne Zahnbürste, die er im Bad gefunden hatte, sofort gelöst.
Später wollten sich Susanna und Janna noch die Beine vertreten, und Susanna wollte unbedingt eine Cola. „Gehst du auch mit?“, fragte seine Schwester.
„Hm-m!“, murmelte Till verneinend, tief in die Geschichte vertieft. So ein cooler Held! Till hätte nichts dagegen, wenn er ihn auch in seinem Leben kennen würde. Das wär auch der richtige Mann für seine Tante Janna. Der letzte Partner von ihr war ja ganz o.k. Jedoch natürlich kein Vergleich mit Batman.
„Sollen wir dir was mitbringen?“, wollte seine Tante wissen.
„Auch eine Cola! Danke!“, und schon war Till wieder in sein Comic vertieft.
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„Es tut mir wirklich leid. Ich dachte nicht, dass sie die Flasche schon öffnen. Wobei es ja ein Kronkorken war. Nicht jeder hat immer einen Flaschenöffner dabei, wobei an Tills Taschenmesser immer einer ist. Das hatte er noch von seinem Großvater bekommen, als sie neulich zum Campen waren. Aber Jungs sind da ja immer ganz begeistert, wenn es um Taschenmesserzubehör geht. Es gibt da auch eine gute Marke …“
Till hob den Kopf aus seinem Comic, als er seine Tante ohne Punkt und Komma reden hörte. Er grinste. Wer das wohl war, der sich diesen Monolog verdient hatte. Und sie musste dabei noch nicht mal Luft holen. Till verglich das ganze immer gerne mit einem Maschinengewehr.
„Ich habe Reinigungstücher dabei, da können wir Ihre Hose sauber machen!“, bot Janna an. „Cola geht doch nicht raus!“, das war Susannas altkluge Stimme, als die Schiebetür zum Abteil gehöffnet wurde.
Eine männliche, leicht gequält klingende Stimme antwortete: „Machen Sie sich da keine Sorgen ich lasse meine Hose reinigen.“
„Dann schicken Sie mir aber die Rechnung!“, bestand Janna.
Janna, Susanna und der Mann, der einen Teil der Getränke trug, betraten das Abteil. Till hob erstaunt den Kopf als alle sich hinsetzten. Schnell zog er ihn dann wieder zurück, als er den Mann erkannte.
DAS EKEL!
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Nachdem seine Tante die Hose des „Ekels“ notdürftig gereinigt hatte, unterhielten sie sich noch. Till verdrehte hin und wieder die Augen. Susanna und seine Tante hingen förmlich an den Lippen des „Ekels”, als habe der die Weisheit mit Löffeln gefressen.
Innerlich schüttelte Till den Kopf. Entweder Langweiler oder Ekel. Batman wäre der Richtige!
„Heh!“, Till sah erschrocken auf, als „das Ekel” sein neues Batman-Comic in der Hand hatte.
„Oh! Legen Sie das wieder hin, Markus!“, bat Jana das „Ekel”.
„Till mag es nicht, wenn jemand seine Comics nimmt Herr Neumann!“, erklärte Susanna.
„Das Ekel” hob die Augenbraue. „Du magst wohl Spionagegeschichten?“, wandte er sich freundlich an Till.
„Nicht nur einfach Spionagegeschichten!“, warf Susanna eifrig ein.
„Das Ekel” wandte sich nun ihr zu. „Ach ja? Ich dachte, alle kleinen Jungs mögen Geheimagenten?“
„Pah! Geheimagenten sind doch voll die Loser! – Und ich bin nicht klein!“, rief Till empört.
„Till! Entschuldigen Sie, Markus.“ Janna sah ihren Pflegesohn vorwurfsvoll an. Wieso war er so unleidig?
„Das Ekel”, o.k. eben Markus Neumann, schien ja doch ganz nett zu sein, schmunzelte. „Na ja, es gibt doch sicher auch coole Geheimagenten. James Bond …“
„Prft! James Bond ist langweilig. Fährt nur mit seinem Auto ‘rum und außerdem ist der immer mit Frauen beschäftigt und nicht mit den Verbrechern.“
„Das Ekel” nickte, als würde er es verstehen, und hob die Hand in Richtung seiner Tante, die schon wieder zu einem ihrer Monologe ansetzen wollte und dann doch den Mund wieder zuklappte. „Nun, ich glaube, echte Geheimagenten beschäftigen sich nicht so viel mit Frauen“, gab „das Ekel” freundlich zu bedenken.
Ermutigt fuhr Till in seiner Ausführung fort. „Na ja trotzdem! Batman hat eindeutig das coolere Auto, und Alfred, seinen Butler. Der geht richtig ran an die Verbrecher von Gotham City, bevor die überhaupt ihre Pläne umsetzen können, da ist Batman schon da und – Bamm! Wusch!“, Till sprang vor Begeisterung auf und imitierte einen Kinnhakenschlag.
Markus lachte. „Warte! Du musst dich anders hinstellen …“
Nachdem Markus Till in dem engen Abteil ein paar Schlagtechniken, trotz dem missbilligenden Blick von Janna, gezeigt hatte, war der Junge ganz hin und weg.
Susanna kicherte. Janna schüttelte den Kopf, und Markus sah irritiert auf Till, der nun ganz in seinem Element war und ohne Punkt und Komma Markus, den er nun als seinen Freund betrachtete, über die Vorteile von Batman gegenüber einem Geheimagenten informierte. Wenn er einmal angefangen hatte zu sprechen, war er ganz wie seine Tante.
Markus sah heimlich auf die Uhr und verzog das Gesicht.
„Haben Sie Zahnschmerzen? Da haben Sie bestimmt nicht die richtige Zahnbürste!“, erklärte Till und begann in seinem Rucksack zu kramen, bis er seine neue Batman Zahnbürste in der Hand hielt.
„Hier!“ Er reichte sie Markus. Dieser ergriff sie irritiert. „Für Sie, dann haben Sie garantiert keine Zahnschmerzen mehr.“, erklärte ihm Till treuherzig.
„D-danke!“, stotterte Markus. „Ich glaube ich muss noch schnell zu meinem Platz …“, begann Markus und verabschiedete sich und verließ eilig das Abteil.
„Moment!“ Janna stand auch auf und lief hinter ihm her. „Es tut mir leid…“, begann sie.
Markus drehte sich um und zwinkerte ihr zu. „Nun, ich hatte mir die Fahrt zu meinem neuen Auftrag anders vorgestellt.“
„Sie müssen die Zahnbürste nicht behalten“, bot Janna an.
„Oh nein! Glauben Sie nicht, dass Sie da heraus kommen – immerhin schulden Sie mir noch eine Zahnbürste. Und jetzt habe ich eine echt coole!“ Markus Neumann grinste Janna fröhlich an, drehte sich um und verschwand, seinem neuen Auftrag entgegen.
© Susanne K
Die Zahnbürste
von Susanne Schnitzler, Eingangsdatum: 16. August 2013
1.
Janna Berg schuldete Markus Neumann nun also eine neue Zahnbürste. Seufzend sah sie ihrer Mutter hinterher, die guten Glaubens mit der hübschen, grünen und wildfremden Zahnbürste abzog, um damit die Kleisterreste an den neuen Tapeten zu bearbeiten. Das ist wieder einmal toll gelaufen, dachte sie. Woher soll ich denn heute eine neue Zahnbürste bekommen?
Sie setzte sich an ihren Schreibtisch und forschte im Internet nach den Öffnungszeiten der Geschäfte am Bonner Bahnhof. Erfreut stellte sie fest, dass ein Supermarkt tatsächlich bis abends geöffnet hatte. Sie konnte also vor ihrer Aussage im Institut dort vorbeifahren und Markus dann später die neue Zahnbürste geben. Kein Problem.
Mit den Autoschlüsseln in der Hand ging Janna hinüber in das Haus ihrer Eltern, um sich zu verabschieden. Linda versicherte ihr, dass sie alles im Griff hatten. Dabei schob sie ihre Tochter energisch vor die Tür und sagte: "Mach dir einfach mal einen schönen Tag!"
Lachend nahm Janna ihre Mutter noch einmal in den Arm und machte sich dann zufrieden auf den Weg nach Bonn. Ihre Familie war in Sicherheit. Mehr konnte sie sich heute wirklich nicht mehr wünschen.
Der Zahnbürstenkauf verlief ebenso reibungslos. Janna entdeckte eine neongrüne Zahnbürste mit einem geschwungenen Griff, die der von Markus ziemlich ähnlich sah und - soweit Janna sich nach dem Kuddelmuddel noch erinnerte - von demselben Hersteller stammte. Fröhlich vor sich hinsummend machte sie sich auf den Weg in die Kaiserstraße.
Sie gab ihre Aussage zu den Vorfällen um Adam Eggebrecht und die Söhne der Sonne zu Protokoll und war ziemlich froh, dass diese Prozedur weniger Zeit in Anspruch nahm, als sie befürchtete. Allerdings war von Markus Neumann die ganze Zeit über weit und breit nichts zu sehen. Auch als sie nach der Vernehmung noch mit Walter Bernstein im Flur stand und sich während ihrer Unterhaltung möglichst unauffällig umsah, entdeckte sie ihn nicht. Dafür fiel ihr aber der abschätzig verzogene Mund von Melanie Teubner auf, die nicht weit entfernt stand und Janna nicht aus den Augen ließ. Als Bernstein sich verabschiedete und in seinem Büro verschwand, kam sie mit betont wiegenden Hüften und einem mitleidigen Gesichtsausdruck herüber.
"Janna, meine Liebe", flötete sie und legte Janna lässig die Hand auf den Arm. "Es tut mir ja so leid, dass Sie Markus verpasst haben. Kurz bevor Sie hier ankamen, musste er wieder los. Soll ich ihm heute Abend etwas von Ihnen ausrichten?"
Janna kam es vor, als hätte Melanie ihr einen nassen Lappen um die Ohren geschlagen. Sie fühlte sich in ihrer Gegenwart sowieso schon so unbedeutend, aber das hier schlug dem Fass den Boden aus. Sie überlegte kurz, ob sie Melanie die Zahnbürste in die Hand drücken sollte, aber dann entschied sie sich dagegen. Schließlich wussten nur wenige, dass Markus dienstlich auf ihrem Sofa übernachtet hatte, und sie wollte ihn nicht dem Geläster seiner Kollegen aussetzen. Wenn sie Melanie verärgerte, könnte da durchaus ein kleines Rachegerücht drin sein. Also setzte sie ihr freundlichstes Gesicht auf, lächelte Melanie an und murmelte: "Nein, danke." Dann verließ sie das Büro, ohne sich noch einmal nach der schwarzhaarigen Schönheit umzusehen.
Im Wagen überlegte sie, was sie nun tun sollte. Markus wäre bestimmt nicht begeistert, wenn sie wegen eines Allerweltgegenstandes wie einer Zahnbürste so ein Aufhebens machte. Wahrscheinlich würde er ihr in seiner knappen und ungeduldigen Art zu verstehen geben, dass er die paar Cent für eine neue Zahnbürste durchaus übrig hatte. Im Prinzip hätte er damit ja auch recht. Andererseits war sie extra einen Umweg gefahren, um sie zu holen. Himmel, warum war der Mann nicht einfach im Institut gewesen? Dann hätte sie die Sache ohne Tamtam erledigen können. Wenn sie die Zahnbürste mit sich herumschleppte, bis sie sich vielleicht einmal wieder dienstlich über den Weg liefen, oder sie ihm über Mittelsmänner zukommen ließe, stünde sie wirklich als Vollidiotin dar.
Nervös trommelte sie mit den Fingern auf dem Lenkrad und konzentrierte sich auf die wenigen Informationen, die sie über Markus hatte. Der Frage, warum es für sie es so wichtig war, Markus diese Zahnbürste überhaupt zu übergeben, wich sie geflissentlich aus. Selbstverständlich wollte sie ihren Fehler schnell wieder gutmachen, was sonst? Das leise Kichern einer neuen, frechen Stimme in ihrem Hirn, die ihre Handlungen einfach in Frage stellte, ignorierte sie. Genau in dem Augenblick flog ihr eine brillante Idee zu. Sie griff nach ihrem Handy und rief Markus an.
2.
Markus Neumann stellte seinen Z3 in dem Parkhaus am Flughafen Köln-Bonn ab und ging so schnell er konnte hinüber in das Flughafengebäude. Aus Jannas Anruf war er nicht schlau geworden. Sie hatte wieder einmal so hastig alles heruntergerattert, was ihr auf der Seele lag, dass er sie einfach nicht verstehen konnte. Klar waren nur der Treffpunkt und die Tatsache, dass sie ganz dringend mit ihm sprechen musste. Er drängte sich durch die Fluggäste, die mit ihrem Gepäck kreuz und quer durch die Hallen trödelten und ihm den Weg erschwerten. Hoffentlich ging es Janna gut. Markus hätte es sich nie verziehen, wenn sich ihr ein neuer Sohn der Sonne genähert hätte, den sie noch nicht auf dem Radar hatten, und sie wieder in Gefahr wäre. Andererseits klang sie am Telefon zwar aufgeregt, aber nicht panisch.
Als Markus das Café erreichte, vor dem Janna Berg sich mit ihm treffen wollte, stutzte er. Zögernd blieb er stehen und sah sich gründlich um. Tatsächlich, er irrte sich nicht. In diesem Café hatte er ihr die CD übergeben und die Geschichte ins Rollen gebracht. Er musste unwillkürlich grinsen, als er an ihr erstes gemeinsames Abenteuer dachte. Die Sache mit dem Quirl war verdammt clever gewesen, auch wenn ihr das von Melanie unter anderem den Spitznamen Quirliegirlie eingebracht hatte. Er hoffte, das Janna davon nichts wusste. Und auch, wenn er nicht mit ihr zusammenarbeiten wollte, gestand er sich doch ein, dass er sich vorhin über ihren Anruf gefreut hatte.
Markus drehte sich halb zur Seite, um nach Janna zu suchen, als ihm plötzlich etwas in die Hand geschoben wurde. Instinktiv griff er zu und wirbelte gleichzeitig herum. Die Menge hinter ihm war dichter zusammengerückt und er schob sich energisch durch eine Gruppe Franzosen, die unmittelbar hinter ihm stand und über den Kölner Stadtplan diskutierte. Weiter hinten lief eine Frau zum Ausgang, unter deren buntem Kopftuch ein paar vorwitzige rote Locken herauslugten. Markus stoppte mitten im Schritt und sah auf das schmale Päckchen in seiner Hand, dann wieder hinüber zu der Frau. Die war natürlich inzwischen verschwunden.
Bei dem Päckchen handelte es sich um einen länglichen Gegenstand, der sauber in rotgoldenes Geschenkpapier eingewickelt und mit mehreren Klebstreifen verschlossen war. Die Form war ungewöhnlich und nicht einmal seine geübten Finger konnten sie vollständig ertasten. Hastig riss Markus die Verpackung auf und starrte verwirrt auf eine neongrüne Zahnbürste in der handelstypischen Plastikverpackung, um die noch ein beschriebener Zettel gewickelt war.
Markus rollte den Zettel auf und staunte nicht schlecht, als er Jannas wortreiche Entschuldigung für den Verlust seiner Zahnbürste las. Ihre letzten Worte waren: "Sie dürfen heute Abend gerne Frau Teubner von mir grüßen. Herzlichst, Ihre Janna Berg". Markus lachte schallend auf. Die biedere Frau Berg hat ja Überraschungen auf Lager, sieh mal an, dachte er. Schmunzelnd steckte er den Zettel und die Zahnbürste ein und ging zurück zu seinem Wagen. Fast bedauerte er, dass Janna sich aus dem Staub gemacht hatte, statt wenigstens noch einen Kaffee mit ihm zu trinken. Aber er würde schon noch herausfinden, was sie mit dem letzten Satz gemeint hatte.
© Susanne Schnitzler