Rezepte

Bourbelier vom Wildschwein

Frankreich, 14. Jahrhundert, Maître Chiquart, Koch des Herzogs von Savoyen

Das Rezept in dieser oder ähnlicher Form ist ein Klassiker der französischen Rezeptbücher aus dem Mittelalter. Es ist schon in dem Viandier des Taillevent, einer Handschrift aus der Bibliothek des Vatikan, enthalten. Auch von Autor des Ménagier des Paris wird es erwähnt - er erläutert, dass der Begriff bourbelier das Rückgrat (Kamm) des Wildschweins bezeichnet.

Zutaten:

2 kg Wildschweinbraten (Frischling)
½ l Rotwein
¼ l Weinessig
¼ l Verjus*
100 g getoastetes Landbrot
1 TL Ingwerpulver
1 TL Zimtpulver
1 TL Paradieskörner**, im Mörser zerstoßen
1 Prise Nelkenpulver, etwas mehr
15 g grobes Salz

Zubereitung:

Vorbereiten der Soße zum Begießen

Den Wein, den Essig, den Verjus, das Salz und die Gewürze mischen.
Das Brot darin einweichen. Wenn es aufgegangen ist, mit einer Gabel zerdrücken.
Man kann das Ganze noch durch ein Sieb treiben, es ist jedoch nicht unbedingt erforderlich.

Den Braten abbrühen

Das Fleisch in kochendes Wasser tauchen und herausnehmen, sobald es seine Farbe verändert. Diese Vorgehensweise dient dazu, das Fleisch von seinen oberflächlichen Verunreinigungen zu säubern und verringert nicht im geringsten seine geschmackliche Qualität, ganz im Gegenteil.

Braten

Den Braten auf einem Drehspieß befestigen, auf den Grill über eine Abtropfpfanne hängen.
Die Garzeit beträgt ca. 30 Min. pro Pfund (½ kg).
Den Braten häufig mit der Würzsoße beträufeln, als Pinsel einen Rosmarinzweig benutzen.
Am Ende der Garzeit den Rest der Soße über den Braten gießen.

Die Soße in eine Schüssel geben, man serviert sie zum Braten.
Falls mehr Soße gewünscht wird, die Abtropfpfanne aufs Feuer setzen und mit wenig Wasser die karamellisierten Säfte lösen.
Man erhält einen schönen gebräunten Saft, schmeckt mit Salz ab und trägt dann auf.

*ersatzweise 150 ml Apfelessig mit 100 ml Wasser verdünnt
** Malaguettapfeffer, ersatzweise schwarze Pfefferkörner

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Kaninchen in Sirup

England, 14. Jhd.
Forme of Cury; Shire of Vanished Wood Cooking Guild, SCA

Connynges in Cyrip

Take connynges and seeth hem wel in gode broth. Take wyne greke, and do thereto with a porcion of vynegar and floer of conell, hoole Cloves, gaybibes hoole, and other gode spices, with raisons, coraunce and gyngyr ypared and ymynced. Take up the conynges and smyte hem on pecys, and cast hem into the siryppe and seeth hem a litel on the fyre and serve it forth.

Zutaten:

2½ Tassen geschnittenes Kaninchenfleisch
½ Tasse Korinthen
⅓ Tasse Mehl
¼ TL Zimt
4 EL Cider-Essig
¼ Tasse Rosinen
2 TL frisch geriebener Ingwer
20 Zibeben (oder Pfefferkörner)
10 Nelken
3 Tassen (700ml) Muskateller

Zubereitung:

Fleisch im Mehl wälzen und in Öl anbräunen.
Muskateller, Essig, Früchte und Gewürze mischen, im Wasserbad erhitzen, bis sie gut vermischt sind. Mit dem Bratensatz mischen und über das Fleisch geben.
Topf schließen und ca. 40 Minuten über sanfter Flamme kochen.

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Kaninchenlasagne

England, 14. Jhd.
Curye on Inglysch, Book IV, The Forme of Cury (26), c. 1390

Connynges in Papdele

Hares in papdele. Take hares; perboile hem in gode broth. Cole the broth and wasshe the fleysshe; cast again togydre. Take obleys oþer wafrouns in defaute of loseyns, and cowche in dysshes. Take powdour douce and lay on; salt the broth and lay onoward & messe forth.

Zutaten:
(6-8 Portionen)

1 großes zerlegtes Kaninchen, ~1½kg (oder Hase)
1 l guter Hühnerfond
trockener Weißwein (oder Wasser)
Petersilie, Thymian, Rosmarin und andere frische Kräuter nach Geschmack und Belieben
Gelatine
250g trockene Lasagneblätter (mindestens 9)
Salz nach Geschmack
¼ TL Nelkenpulver
¼ TL Zimt

Zubereitung:

Das Kaninchen in einem 3-4 l-Topf mit dem Fond und genügend Weißwein, um die Teile zu bedecken, zum Kochen bringen.
Die Hitze reduzieren, bis es nur noch simmert, abschäumen und ca. 2½-3 Stunden kochen, bis das Kaninchen (oder der Hase) zart ist.
Das Fleisch ca. ½ Stunde in der Brühe abkühlen lassen.
Inzwischen die Lasagneblätter in leicht gesalzenem Wasser etwa 12 Minuten zart kochen.
Die Lasagneblätter abgießen und beiseite stellen, am besten mit ein wenig Öl zwischen den Blättern, damit sie nicht zusammenkleben.
Die Kaninchenteile aus der Brühe nehmen, beiseite legen.
Die Brühe durchseihen, Gelatine mit handwarmem Wasser befeuchten, die Brühe erhitzen und die Gelatine darin auflösen.
Die Brühe zum Kochen bringen und auf etwa ¾ l reduzieren, bis die Flüssigkeit dicker und leicht sirupartig wird.
Während die Soße kocht, das Fleisch von den Knochen entfernen; dabei auf Knorpel achten.
Fleisch grob zerteilen, wenn nötig, und in die Soße geben.
⅓ der Lasagneblätter in einer Servierschüssel auslegen und die Hälfte der Kaninchenmasse darauf verteilen.
Mit dem zweiten Drittel der Lasagneblätter bedecken, die andere Hälfte des Kaninchens darauf verteilen.
Mit dem letzten Drittel der Lasagneblätter bedecken, evtl. Reste der Soße darüber verteilen.
Schachbrettartig zerteilen, leicht mit Nelken und Zimt würzen, auftragen.

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Da ich immer wieder gefragt werde:

Die mittelalterlichen Rezepte sind so originalgetreu wie nur möglich übernommen, jedoch teilweise auf unsere heutigen Koch- oder Backgewohnheiten angepasst. Deshalb kommen manchmal durchaus Konserven oder andere Lebensmittel vor, die es so im Mittelalter noch nicht gab. Selbstverständlich könnt ihr diese ersetzen (wo möglich, wird dies oft auch vorgeschlagen) oder selbst herstellen, um die Gerichte noch authentischer zu machen.

 

Was Gewürze, auch sehr teure, angeht:

Diese werden in der Regel in den Originalrezepten so erwähnt. Das liegt wohl daran, dass Rezepte nur von wohlhabenderen Menschen überhaupt schriftlich festgehalten wurden - oder in Klöstern, die auch meist über mehr Geld verfügten.
Weniger betuchte Menschen werden aber sicherlich ähnliche Gerichte gegessen haben und die teuren Gewürze mit viel Phantasie durch günstigere oder durch Kräuter ersetzt haben.